Duell der Business-Netzwerke: "Ich würde LinkedIn langfristig bevorzugen"
LinkedIn oder Xing? Oder doch nur Facebook? Johannes Lenz, Social-Media-Kommunikator der Agentur Grey über das Potenzial der beiden großen Karrieren-Netzwerke und warum sich zumindest eines von ihnen gegen Facebook behaupten wird.
Johannes Lenz ist für die Social Web-Kommunikation bei Grey zuständig. Er selbst versteht sich als Ideenbotschafter im Social Web. W&V Online sprach mit ihm über seine Erwartungen an ein Karrierenetzwerk und warum er trotz Sicherheitsleck LinkedIn dem deutschen Konkurrent Xing vorzieht.
Johannes, welchen Anspruch stellst du an ein gutes Karrierenetzwerk?
Es sollte offen sein. Das heißt, es muss sich mit meinen übrigen Profilen vernetzen lassen. Damit meine ich nicht das reine Verlinken, sondern dass ich Status-Updates abgeben kann, die dann in anderen Netzwerken auch auftauchen. Und dass ich mich einfach einloggen kann, ähnlich Facebook-Connect. Der amerikanische Netzwerk-Gedanke ist da meiner Meinung von einer wesentlich größeren Offenheit geprägt als das bei manchen sozialen Netzwerken in Deutschland der Fall ist.
Bangen denn die Deutschen deiner Meinung nach zu sehr um ihre Daten?
Es herrscht hierzulande eine grundsätzlich andere Betrachtungsweise von sozialen Netzwerken und wie man sich im Internet verhält. Der Fokus liegt immer zuerst auf Sicherheit anstatt auf den Möglichkeiten, die sich darin bieten. Ich bin aber ein Befürworter von Offenheit. Ich will ja in einem Netzwerk auch Netzwerken und mich da nicht nur einfach einklinken und sagen – „So jetzt bin ich da, aber ich mach nichts, weil meine Daten vielleicht auf Wanderschaft gehen“. Ich möchte dann mein Netzwerk auch darüber informieren, was ich gerade tue. Bei LinkedIn kann ich eben beispielsweise Status-Updates abgeben, die getwittert werden können, Unternehmen folgen oder Blogbeiträge einbinden.
LinkedIn oder Xing – für welches Karriere-Netzwerk würdest du dich entscheiden, wenn du nur in einem bleiben dürftest?
Ich würde LinkedIn langfristig bevorzugen. Erstens, weil mein Arbeitgeber international ausgerichtet ist. Zweitens weil ich sehe, dass immer mehr Menschen bei diesem Netzwerk sind und dort auch aktiv in Gruppen und Diskussionen sind, da scheint einfach was zu passieren. Ein weiterer wichtiger Grund ist für mich, dass man 80 Prozent der Premium-Funktionen des deutschen Wettbewerbers bei LinkedIn kostenlos nutzen kann. Kurzfristig ist es natürlich trotzdem so, dass man bei der Jobsuche oder dem Rekrutieren von Talenten mit Xing eine Alternative besitzt.
LinkedIn hatte ja aber eben gerade eine Sicherheitslücke. Was sagst du dazu?
LinkedIn tut sich damit natürlich keinen Gefallen, aber die werden in Mountain View eine Lösung dafür finden.. Bei einer Betrachtung von LinkedIn insgesamt wird man feststellen, dass die, was das Netzwerk selbst angeht, relativ sicher sind. Natürlich wurde jetzt auch gesucht, weil Linkedin an die Börse gegangen ist. Ich vermute da einen Zusammenhang.
Kannst du dir vorstellen, dass Karrierenetzwerke irgendwann mal komplett überholt sein werden und alles nur noch über Facebook läuft?
Hat Facebook StudiVZ gekauft? Nein. Business-Netzwerke werden nicht in Facebook aufgehen. Die Nutzer und ihre Interessen sind unterschiedlich. Bei LinkedIn sind zum Beispiel sehr viele Führungskräfte, die sehr gut ausgebildet sind. Die findet man sicherlich auch bei Facebook, aber eben auch Jüngere. Das Durchschnittsalter bei Facebook ist sicherlich niedriger ist als das bei LinkedIn. Die Nutzer haben davon abgesehen auch völlig unterschiedliche Interessen: bei Facebook wollen sich die User unterhalten, diskutieren und beispielsweise lustige Videos teilen. Das macht man bei LinkedIn in dem Maße nicht. Das ist vielmehr das berufliche Pendant. Also LinkedIn wird sicher nicht von Facebook abgelöst. Bei Xing wird sich schnell zeigen, ob sie nicht die Dinge im Vergleich zur Konkurrenz verschlafen haben und somit eben als Mauerblümchen enden.