
Sparkurs der Hauptstadtblätter:
DuMont legt "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" zusammen
Die Redaktionen der beiden Berliner Zeitungen werden künftig gemeinsam produziert - und kommen so mit 50 Mitarbeitern weniger aus. Redaktionell verantwortlich wird die Berliner Newsroom GmbH.

Foto: DuMont
Das Medienhaus DuMont plant tiefgreifende Veränderungen bei seinen Hauptstadtblättern "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier". Vor dem Hintergrund anhaltender Verluste sollen die beiden Zeitungen in einem integrierten Newsroom gemeinsam produziert werden - mit 50 Stellen weniger als in den bisherigen Redaktionen, wie DuMont ("Kölner Stadt-Anzeiger", "Hamburger Morgenpost") am Donnerstag in Köln mitteilte.
Insgesamt seien im neuen Newsroom 140 Stellen vorgesehen, 30 Stellen entfallen auf die Hauptstadtredaktion und die Berlin 24 Digital GmbH. Die Vergütung der Mitarbeiter im Newsroom soll sich am geltenden Branchentarifvertrag anlehnen. Bei den bestehenden Print-Redaktionen, die nicht vom Verlagshaus am Alexanderplatz in den neuen Newsroom ziehen sollen, seien teilweise oder komplette Betriebsschließungen nicht auszuschließen, teilte DuMont weiter mit. Mit dem Betriebsrat soll über einen Sozialplan gesprochen werden. Der sprach von einem bevorstehenden "Kahlschlag". Jeder dritte Beschäftigte in den Redaktionen verliere seine Arbeit.
Vorstandschef Christoph Bauer verkauft die Sparmaßnahme als Wachstumskurs: "Mit unserem Newsroom-Konzept setzen wir auf die konsequente Fortführung unserer Unternehmensstrategie Perspektive Wachstum auch am Standort Berlin. Weiter wie bisher - dies war keine zukunftsfähige Alternative: Nur ein kompletter Neuanfang kann die wirtschaftliche und damit publizistische Unabhängigkeit und Qualität sicherstellen. 'Berliner Zeitung' und 'Berliner Kurier' sollen langfristig wichtige publizistische Stimmen in der Hauptstadt sein."
Vom 1. November an übernehme die Berlin Newsroom GmbH als Dienstleister die redaktionelle Verantwortung. Zu den Chefredakteuren hier beruft DuMont Jochen Arntz, Elmar Jehn und Thilo Knott. Der Newsroom soll schrittweise aufgebaut und bis Mitte 2017 komplett sein. Dabei stehe Knott für die digitale Strategie, Arntz für die "Berliner Zeitung" und Jehn für den "Berliner Kurier".
In den neuen Redaktionsräumen in der Alten Jakobstraße in Berlin-Mitte sollen die Druckausgaben der Boulevardzeitung "Berliner Kurier" und des Abonnentenblatts "Berliner Zeitung" entstehen und auch sämtliche Digitalkanäle bedient werden.
Ungleichheiten im Gehaltsgefüge zu Online-Redakteuren sollen zumindest schrittweise angeglichen werden. Jochen Arntz: „Qualitätsjournalismus verlangt eine faire und angemessene Entlohnung. Wir planen ausdrücklich keine 'Billigredaktion' im Berliner Newsroom."
Den Tageszeitungen in der Hauptstadt geht es nicht gut. Im dritten Quartal verloren vier von fünf mehr als 10 Prozent der Auflage (im Vergleich zu QIII/2015). Zu den Verlieren gehören auch der "Berliner Kurier" (-10,2%) und die "Berliner Zeitung" sogar mit minus 12,4 Prozent (ohne "sonstige Verkäufe).
Die DuMont Mediengruppe präsentiert die "Berliner Zeitung" in der Eigendarstellung noch immer als die größte Abo-Zeitung in der Hauptstadt mit einer Reichweite 337.000 Lesern täglich (unter Berufung auf die MA 2015). Beim "Kurier" seien es 277.000 Leser.
Der "Berliner Kurier" verkaufte zuletzt noch 64.609 Ausgaben (Abos plus Einzelverkauf; QIII/2016). Die verkaufte IVW-Auflage der "Berliner Zeitung" im dritten Quartal 2016 betrug nur noch 77.347 Exemplare. Die Zeitung erscheint seit 1945, zu DuMont gehört sie erst seit 2009. (sh/mit dpa)