Digitalwirtschaft: EU-Kommissarin Reding gefährdet Wettbewerbsfähigkeit
Eine neue EU-Verordnung zum Datenschutz der Europäischen Kommission könnte der Digitalbranche in Schwierigkeiten bringen. Auch die Nutzer wären von der Reglementierung betroffen.
Die europäische Internetwirtschaft befürchtet eine massive Schwächung Ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch eine neue Verordnung zum Datenschutz der Europäischen Kommission. Ein entsprechender Entwurf soll in den kommenden Tagen vorgestellt werden. Das berichtet der W&V-Schwestertitel "Kontakter" in seiner aktuellen Ausgabe (EVT: 23. Januar 2012).
Dem Branchendienst liegt ein vorläufiger Entwurf der federführendenEU- Justiz-Kommissarin Viviane Reding vor. Sollte die finale Entwurfsfassung der "General Data Protection Regulation" nicht in wesentlichen Teilen geändert werden, müsste die Digital-Wirtschaft laut Branchenvertretern ihre Geschäftsmodelle in der Werbung und E-Commerce massiv ändern. Die Web-Branche befürchtet einen Wettbewerbsnachteil im Milliarden schweren Digitalmarkt gegenüber außereuropäischen Playern, weil eine erfolgsversprechende Durchsetzung der Datenschutzregeln offengelassen wird.
Nicht nur für die Internetwirtschaft, auch für die Konsumenten könnte die Verordnung eine Verschlechterung bringen: Negative Folgen könnten die "offensichtlich vorgesehene extreme Ausweitung des Konzepts der personenbezogenen Daten", erklärt Thomas Schauf, Projektleiter Selbstkontrolle Online-Datenschutz im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) gegenüber dem "Kontakter". Zukünftig müsste alles vom User gesammelt werden: mit seinem kompletten Namen, aber dessen Einwilligung. Praktisch bei jedem Aufruf einer Webseite, auf der Werbung gezeigt oder eines Online-Shops, müssten User ihre Einwilligung zur Datenerhebung geben. Der Entwurf vermindere laut dem Branchenverband damit Anreize für datenschutzfreundliche Geschäftsmodelle. Die gängige Praxis setze auf Anonymisierung von Datensätzen.
Doch noch kann die Branche hoffen: Der Entwurf bildet einen Zwischenstand der kommissionsinternen Beratungen ab. "Wichtig wird der offizielle Entwurf der EU-Kommission sein, der einen Konsens der unterschiedlichen Generaldirektionen abbilden soll", stellt BVDW-Experte Schauf klar. Aus Brüssel ist zu hören, dass der Entwurf viel Kritik hervorruft. Vor allem die EU-Kommissare Neelie Kroes (Digitale Agenda) und Olli Rehn (Wirtschaft) sollen sich dem Vernehmen nach dagegen ausgesprochen haben. Sie wollen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Internetwirtschaft nicht gefährden.