Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken wirkt in seinen jüngsten Äußerungen so, als wollte er die Lobby-Bänder endlich zerschneiden. Wusste er vor dem aktuellen ZDF/Zeit-Fall nichts darüber?

Ich denke doch. Bisher hatte er sich aber nicht klar positioniert. Als ein Telepolis-Autor ihn 2011 nach seiner Meinung fragte, ob Zeit-Journalisten an der geheimen transatlantischen Bilderberg-Konferenz teilnehmen dürften, obwohl sie sich damit zum Schweigen über die Konferenz verpflichten, sagte er nur unverfänglich: „Journalisten haben die Aufgabe, zu berichten und zu informieren. Einen ‚Schweigepakt‘ (…) kann ich mir nur schwer vorstellen.“
Konkens jetzige Stellungnahme begrüße ich: „'Die Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit des Journalismus gebieten es, dass Journalisten keine aktive Rolle in Organisationen ausüben, über die sie berichten'. Als Chronisten der Ereignisse müssten sie gut vernetzt sein und zahlreiche Veranstaltungen regelmäßig besuchen, dürften dort aber keine aktive Funktion ausüben.“

Welche "Meinungsführer" würden Sie denn ganz schnell aus den Lobbyverbänden ausklammern?

Wenn wir von der neuen Konken-Ansage ausgehen, müsste sich Bild-Chefredakteur Kai Diekmann jetzt aus dem Vorstand der Atlantik-Brücke verabschieden.

Was würde sich aus Ihrer Sicht in der Berichterstattung ändern?

Durch den bloßen Rückzug aus offiziellen Funktionen in Lobbyorganisationen würde sich wenig ändern. Erst durch ein neues Bewusstsein für kritische Distanz und durch eingeübte Praxis, tatsächlich ein Stück weit wegzurücken von bestimmten Akteuren etwa aus dem US- und Nato-Milieu, könnte sich tatsächlich das Framing und die Bewertung bestimmter Themen verändern. Für einen blinden Fleck in der Ukraine-Berichterstattung halte ich zum Beispiel die Interessen und Aktivitäten der USA in der Ukraine in den letzten 20 Jahren, die laut Experten auch einer Intervention gleichkommen; dazu gibt es ein Interview von mir mit einer Politikwissenschaftlerin. Eine weniger US-nahe Perspektive in der Ukraine-Frage würde auch mehr Aufklärung in diesem Aspekt des Konfliktes bringen.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.