Zeit-Zoff mit dem ZDF:
Diekmann, Joffe, Nonnenmacher: Die Nähe zur Macht
Als "Die Zeit" einen Satire-Beitrag über Autoren und ihre Lobby-Jobs entfernen ließ, wurde erneut die Nähe mancher Top-Journalisten zur Macht deutlich. W&V Online hat den Wissenschaftler Uwe Krüger zu diesen Beziehungen befragt.
Top-Journalisten der renommierten Wochenzeitung „Die Zeit“ lassen per Gerichtsbeschluss die Mediathek des ZDF säubern. Ein Satirebeitrag der „Anstalt“ von Ende April ist seither in der Mediathek des Zweiten nicht mehr zu finden. Was war passiert? Zwei Kabarettisten hatten auf Basis einer Studie des Leipziger Wissenschaftlers Uwe Krüger spitzzüngig über die Verbindungen namhafter Autoren zu Lobbyverbänden hergezogen. Zum wahren Kern der Satire hat W&V Online fünf Fragen an Uwe Krüger gerichtet.
Statt in den eigenen Reihen aufzuräumen, lässt die "Zeit" eine ZDF-Satire über die Arbeit ihrer Star-Autoren in Lobbygruppen per Gerichtsbeschluss aus der Mediathek entfernen. Ein Sonderfall in deutschen Leitmedien?
Ja, die Zeit-Leute reagieren besonders sensibel. Die anderen Journalisten aus der Kabarettnummer – Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung, Günter Nonnenmacher und Klaus-Dieter Frankenberger von der FAZ, Kai Diekmann von der Bild – haben sich nicht beschwert.
Haben Medien nach Ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung des Themas vor über einem Jahr reagiert und etwas geändert?
Nein. Immerhin ist die Diskussion über das Thema aber kontinuierlich breiter geworden. Die Anstalt-Sendung vom 29. April erreichte dann über zwei Millionen Zuschauer und eine riesige Internet-Resonanz, es kam auch zu Abo-Abbestellungen und Shitstorms unter Online-Artikeln. Unter diesem Druck haben sich dann zunächst Josef Joffe und Stefan Kornelius öffentlich zu Wort gemeldet. Kornelius hat in einem Interview mit Zapp sogar Transparenzfehler eingeräumt und Besserung gelobt. Ich habe aber in der Zeitung oder auf sueddeutsche.de noch keine Hinweise auf seine Verbindungen zur Atlantik-Brücke oder zur Bundesakademie für Sicherheitspolitik gesehen.
Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken wirkt in seinen jüngsten Äußerungen so, als wollte er die Lobby-Bänder endlich zerschneiden. Wusste er vor dem aktuellen ZDF/Zeit-Fall nichts darüber?
Ich denke doch. Bisher hatte er sich aber nicht klar positioniert. Als ein Telepolis-Autor ihn 2011 nach seiner Meinung fragte, ob Zeit-Journalisten an der geheimen transatlantischen Bilderberg-Konferenz teilnehmen dürften, obwohl sie sich damit zum Schweigen über die Konferenz verpflichten, sagte er nur unverfänglich: „Journalisten haben die Aufgabe, zu berichten und zu informieren. Einen ‚Schweigepakt‘ (…) kann ich mir nur schwer vorstellen.“
Konkens jetzige Stellungnahme begrüße ich: „'Die Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit des Journalismus gebieten es, dass Journalisten keine aktive Rolle in Organisationen ausüben, über die sie berichten'. Als Chronisten der Ereignisse müssten sie gut vernetzt sein und zahlreiche Veranstaltungen regelmäßig besuchen, dürften dort aber keine aktive Funktion ausüben.“
Welche "Meinungsführer" würden Sie denn ganz schnell aus den Lobbyverbänden ausklammern?
Wenn wir von der neuen Konken-Ansage ausgehen, müsste sich Bild-Chefredakteur Kai Diekmann jetzt aus dem Vorstand der Atlantik-Brücke verabschieden.
Was würde sich aus Ihrer Sicht in der Berichterstattung ändern?
Durch den bloßen Rückzug aus offiziellen Funktionen in Lobbyorganisationen würde sich wenig ändern. Erst durch ein neues Bewusstsein für kritische Distanz und durch eingeübte Praxis, tatsächlich ein Stück weit wegzurücken von bestimmten Akteuren etwa aus dem US- und Nato-Milieu, könnte sich tatsächlich das Framing und die Bewertung bestimmter Themen verändern. Für einen blinden Fleck in der Ukraine-Berichterstattung halte ich zum Beispiel die Interessen und Aktivitäten der USA in der Ukraine in den letzten 20 Jahren, die laut Experten auch einer Intervention gleichkommen; dazu gibt es ein Interview von mir mit einer Politikwissenschaftlerin. Eine weniger US-nahe Perspektive in der Ukraine-Frage würde auch mehr Aufklärung in diesem Aspekt des Konfliktes bringen.