Kommentar:
Die Quittung für Saturn und Media-Markt
Trauerspiel bei Ceconomy: Gewinnwarnungen, Chefwechsel, sinnlose Rabattaktionen und Marketing am Kunden vorbei. Ein Kommentar zur Lage der Elektro-Nation.
Echt jetzt? Am Wetter soll es gelegen haben? Daran, dass der Sommer so schön war und die Menschen keine Lust hatten, in muffige Elektroläden zu gehen? Das ist einer der mauen Begründungsversuche, die von den Media-Markt-Saturn-Oberen via Deutschlandfunk kommuniziert wurde. Die Holding von Media-Markt und Saturn, Ceconomy, musste zwei Gewinnwarnungen aussprechen und feuerte nun die gesamte Führung. Tschüss Pieter Haas, der bisherige Konzernchef, demnächst Bye-Bye Mark Frese, noch Finanzchef, der laut Süddeutscher Zeitung bleiben darf, bis der Haas-Nachfolger steht.
Waren denn die Chefs nie in ihren eigenen Märkten? Wussten sie denn nicht, was dort nicht passiert? Kriegen sie denn nicht mit, mit welchen Werbemaßnahmen Media-Markt und Saturn agieren? Denn da passiert nicht mehr viel. Wo sind denn die Beileger für Tageszeitungen? Wo die plakatierten Wände? Was hört man denn durch den Äther? Ja, Media-Markt und Saturn waren schon mal sichtbarer und hörbarer.
Natürlich ist Online-Werbung dort jetzt wichtiger denn je. Bei der Kernzielgruppe der Elektronik-Freaks eine gute Entscheidung. Heißt aber auch: All die Käufer von Bügeleisen, Kühlschrank und Handy, die nicht zu 90 Prozent des Tages im Internet surfen, werden mehr denn je von den Werbemaßnahmen ausgegrenzt? Wirkt jedenfalls so. Und das desaströse Ergebnis deutet genau darauf hin.
Tja, und in den Märkten selbst herrscht ein Informationschaos. Ganz gleich, ob man sich Handys anschaut, Computer oder Kühlschränke. Oft stimmen die Angaben auf den viel zu kleinen Schildern nicht, fast immer sind sie einfach lieblos ausgefüllt und schon gar nicht vollständig, so dass man stets mit einem Smartphone in der Hand die Artikel vergleichen muss. Was bei dem schlechten Empfang in den Märkten schwierig ist und was zur Folge hat, dass man natürlich im Internet bei der Recherche oft bessere Angebote entdeckt.
Hat man sich aber vorher im Internet erkundigt und will im nahen Media-Markt oder Saturn zum Beispiel einen Computer oder Kühlschrank kaufen, ist er meist nicht vorrätig. Ein guter Verkäufer würde ein gleichwertiges Gerät empfehlen, doch leider scheint das Interesse vieler Verkäufer an den eigenen Produkten nicht sehr ausgeprägt zu sein. Am schlimmsten ist es, wenn zum Beispiel Frauen einen Computer kaufen wollen, 600 Euro in der Tasche haben, doch vom Fachpersonal nicht ernst genommen werden. Ja, auch eine User Experience. Komisch, wenn dann wieder ein Computer mehr von zuhause aus im Netz geordert wird – und nicht bei Ceconomy für Umsatz sorgt.
Media-Markt und Saturn hatten so viel Gutes versprochen. Ihr Vorteil ist doch gerade, dass sie in der Nähe sind, dass sie meist eine große Auswahl bieten, dass sie alles hätten, was das Herz begehrt. Doch kann sich das Führungsteam wohl schlicht nicht in ihre eigene Klientel hineindenken. Was so schwierig nicht ist. Stattdessen musste das Marketing einen der schlechtesten Wege wagen: Rabatte, Rabatte, Rabatte. 19 Prozent, dieser veraltete PR-Gag, war diesmal ein Flop und kam wenige Monate, nachdem Ceconomy noch erklärt hatte, auf Rabatte verzichten zu wollen. Die Süddeutsche sah die Aktion als "einen Offenbarungseid für die Ratlosigkeit des Managements". So ist es.