Stempelflut:
Deutscher Zoll und Schweizer Botschafter planen Schlag gegen Einkaufstourismus
Schweizer Staatsbürger, die in Deutschland die Regale leer kaufen, profitieren nicht nur vom schwachen Euro, sondern auch von einer besonderen Mehrwertsteuer-Regelung. Zumindest für kleine Einkäufe könnte damit bald Schluss sein.
Während im Steuerstreit und im Fluglärmabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz noch immer keine endgültige Einigung gefunden worden ist, scheint bei einem anderen bilateralen Reizthema eine Regelung bevorzustehen: Vertreter der Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) haben sich mit dem Schweizer Botschafter in Berlin, Tim Guldimann, getroffen, um sich gemeinsam bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Einführung einer Bagatellgrenze für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer einzusetzen. Bisher geht durch Rückerstattung der Bundeskasse mehrere Hundert Millionen Euro verloren, während der Schweizer Einzelhandel rund acht Milliarden Franken weniger Umsatz beklagt.
Gewinner sind in jedem Fall Schweizer Staatsbürger, die nicht zuletzt durch den schwachen Euro begünstigt, in Deutschland mitunter die Regale leerkaufen. Sie nutzen auch eine Vorschrift, wonach bei Waren, die nicht im Geltungsbereich der EU bleiben, die Mehrwertsteuer erstattet wird. Grenzstädte wie Konstanz, Singen und Waldshut profitieren stark von dieser Entwicklung. So wurde in Tiengen ein riesiges Obi-Center auf der grünen Wiese eröffnet, während in Konstanz ein überdimensionierter Edeka-Markt, der speziell auf die gehobenen Bedürfnisse der Schweizer Kunden ausgerichtet ist, seine Pforten öffnete.
Was für den deutschen Einzelhandel ein Segen ist, ist für die betroffenen staatlichen Stellen Arbeit. Wie es heißt, sei es bereits am Rande von offiziellen Empfängen zu Gesprächen mit Schäuble gekommen. Dabei sei auch der BDZ-Plan ins Spiel gebracht worden, der die Einführung einer Bagatellgrenze von 100 Euro vorsieht. So könne es zu einer spürbaren Entlastung der Beamten an den Grenzübergängen kommen. Dort sind von Januar bis September im Bereich der Hauptzollämter Singen und Lörrach 8,2 Millionen Ausfuhrscheine abgestempelt worden – das sind 23 bzw. 29 Prozent mehr als Vorjahreszeitraum.