
Abgas-Skandal:
Deutsche Kunden stehen zur Marke Volkswagen
Der Abgas-Skandal hat offenbar kaum Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Marke VW. Das Kaufinteresse bleibt laut einer Umfrage der Markenberatung Prophet hoch. Vorausgesetzt, die "unterwürfige" Unternehmenskultur wandelt sich glaubhaft.
Der Abgas-Skandal hat den Konzern Volkswagen in die größte Krise seiner Unternehmensgeschichte gestürzt. Doch die über Jahrzehnte aufgebaute Markenstärke könnte sich als wirksames Polster erweisen und dem Autohersteller nun helfen, die Image-Schäden in Grenzen zu halten. Zumindest in Deutschland hat VW nämlich bei vielen Kunden nach wie vor ein Stein im Brett, wie Ergebnisse einer repräsentative Umfrage der internationalen Markenberatung Prophet zeigen. Sie hat 1.000 deutsche Erwachsene zum Thema "Wie ist Ihre Meinung zum VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte" befragt.
Demnach sind 65 Prozent der befragten Bundesbürger der Meinung, dass Volkswagen immer noch "hervorragende Autos" baue. 74 Prozent können sich sogar vorstellen, einen VW zu kaufen, wenn ihnen Auto und Angebot gefallen. Der Skandal sei bald vergessen, in einem Jahr rede niemand mehr über manipulierte Dieselmotoren, meinen rund Zweidrittel der Befragten.
Ironischerweise profitiert Volkswagen dabei von einem grundsätzlichen Misstrauen der Autoindustrie gegenüber. Denn die deutliche Mehrheit - 91 Prozent der Befragten - vermutet, dass auch andere Autohersteller Verbrauchswerte manipulieren, der Abgas-Skandal von Volkswagen sei kein Einzelfall. VW sei nur der erste bekannt gewordene Fall, dem weitere folgen könnten. Auch einen langfristigen Schaden für die Marke "Made in Germany" durch die Diesel-Affäre sieht die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) laut der Online-Umfrage nicht.
"VW hat bei den Menschen über die Jahre ein hohes Markenguthaben aufgebaut. Dies wird durch den Abgas-Skandal nicht gleich auf einen Schlag aufgebraucht. Es findet zwar ein Vertrauensverlust statt, aber dieses Vertrauen lässt sich auch wieder zurückgewinnen“, sagt Prophet-Partner Felix Stöckle. Die Verbraucher bezweifelten nicht, dass VW weiterhin "exzellente Autos" baue. Im aktuellen Skandal gehe es daher wohl eher um das Fehlerhalten einzelner und die überholte Führungskultur des Unternehmens, sagt der Markenexperte in einem Interview zur Umfrage.
Die aktuelle Krise bei VW sollte nach Meinung des Berliner Beraters genutzt werden, um einen glaubhaften Wandel der Unternehmenskultur einzuleiten: "VW hat jetzt die Chance ein wirklich kundenfokussierter Konzern zu werden und die hierarchischen Strukturen, die durch Unterwürfigkeit geprägt waren, zu überwinden", sagt Stöckle. Die Demut, die VW-Manager in den USA zeigen, kämen laut jüngsten Umfragen dort gut an. Die möglichen Milliarden-Strafzahlungen seien allerdings eine Gefahr für den Konzern, wenn Zukunftsinvestitionen zurückgefahren würden, um zu sparen. "Das größte Problem der Rückrufkosten und Strafzahlungen ist, dass sie direkt auf das Forschungsbudget durchschlagen und VW somit Gefahr läuft, in einer Zeit in der neue Kerntechnologien gefragt sind, gegenüber wichtigen Konkurrenten wie Toyota oder GM an Wettbewerbskraft einzubüßen."
Diesen Effekt werde man erst in fünf bis zehn Jahren bemerken, wenn VW "links und rechts überholt" werden könnte, so Stöchele. Gefahr drohe dabei nicht nur von Wettbewerbern wie Toyota oder GM, sondern auch von potenziellen Angreifern wie Apple oder Google, die, so Stöckle, "überhaupt keine Cash-Flow-Probleme" haben.
Wichtig sei es nun, dass sich bei Volkswagen "keine weiteren Abgründe auftun", sagt der Markenberater. "VW tut momentan das Richtige, gibt sich transparent wie nie und geht offenbar schonungslos mit der Manipulation um." Zu dieser Strategie gehört auch eine Imagekampagne, an der Volkswagen laut "Bild" arbeiten soll. Erste Motive, die ein "neues Volkswagen" versprechen, erschienen bereits im Ausland.
Derweil stellen sich heimische Standorte an die Seite von Volkswagen. In den "Wolfsburger Nachrichten" erschien eine Sonderbeilage mit vielen Anzeigen. Thema: "Wolfsburger Unternehmen solidarisieren sich mit VW".