Globale Studie:
Desinformationen setzen sich hartnäckig fest
Bill Gates hat die WHO gekauft. Das Coronavirus ist eine Bio-Waffe. Viele nehmen solche, ganz gezielt gestreuten Desinformationen für voll. Die Folgen für die Gesellschaft sind gefährlich, zeigt diese Studie.
Der zunächst in Großbritannien, Zypern und den Niederlanden verbreitete Mythos, es gäbe einen Zusammenhang zwischen dem Ausbau des 5G-Netzes und der Corona-Epidemie, hat allein im Vereinigten Königreich bereits zu mehr als 60 Brandanschlägen auf Mobilfunkmasten geführt. Dieses Beispiel zeigt, wie gefährlich die Verbreitung gezielter Falschinformationen sein kann. Und dass es dabei nicht immer nur um das Schüren von Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen geht.
Auch in Deutschland glauben 21 Prozent der 18- bis 34-Jährigen an einen Zusammenhang zwischen dem Ausbau des 5G-Netzes und Corona. Dass keinerlei wissenschaftliche Beweise vorliegen, die diese These unterstützen, bleibt nebensächlich.
Noch nie haben sich Desinformationen so schnell und flächendeckend verbreitet und hartnäckig festgesetzt. Eine repräsentative Studie der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung hat jetzt erstmals gezielt Aussagen zu "Corona-Fakes" auf internationaler Ebene ausgewertet. 7300 Menschen aller Altersklassen hat das Marktforschungsinstitut Kantar im Auftrag der Stiftung befragt. In Deutschland, den USA, Indien, Mexiko, Jordanien, Südafrika und den Philippinen.
Mangelnde Medienkompetenz und Misstrauen in Mainstream-Medien
Die überwiegende Mehrheit der Befragten gibt zwar an, "sehr gut" und "eher gut informiert" über die Corona-Pandemie zu sein. In Kontrast zu dieser subjektiven Einschätzung stehen aber eine Reihe anderer Ergebnisse der Studie. So empfinden es 54 Prozent der Befragten als schwierig, zwischen Nachrichten und bewussten Falschmeldungen zu unterscheiden. 74 Prozent der Befragten zeigen sich über die Zunahme von bewussten Falschmeldungen beunruhigt. Die Deutschen sind mit knapp 53 Prozent am wenigsten beunruhigt.
Der Aussage, Medien würden auf Druck der Regierung in den jeweiligen Ländern Tatsachen über das Corona-Virus verschweigen, stimmen in Deutschland 38 Prozent der Befragten zu. In den USA, Mexiko und Südafrika unterstützen diese Aussage mehr als die Hälfte aller Befragten.
Hauptinformationsquelle ist weiterhin das Fernsehen (77 Prozent), gefolgt von Social Media (68 Prozent), den Online-Ausgaben von Zeitungen oder Zeitschriften (55 Prozent) und sonstigen Quellen im Internet (46 Prozent). In deutlich geringerem Ausmaß werden Radio (34 Prozent) oder Printmedien (25 Prozent) genutzt. Vor allem die Jüngeren informieren sich vorrangig im Netz.
Schwindendes Vertrauen in Politiker und Ärzte
Eine Folge bewusster Einflussnahme auf die Nachrichten in Zeiten von Covid-19: Die Glaubwürdigkeit von Politikern und Ärzten sinkt. Das scheint ein länderübergreifender Trend zu sein. Dreiviertel aller Befragten sagen, dass bewusste Falschmeldungen zu Corona die Kompetenz dieser Berufsgruppen untergraben. In Südafrika stimmen der Aussage 84 Prozent der Menschen zu, in Deutschland rund 70 Prozent.
"Noch ist das Gefühl, gut informiert zu sein, nicht fundamental erschüttert. Die Umfrage dokumentiert aber eine substantielle Vertrauenskrise der Medien. Die Demokratie kann sich eine Glaubwürdigkeitskrise der Medien nicht leisten", sagt Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung. Die gesellschaftliche Verantwortung der Social-Media-Plattformen, so viel ist klar, geht weit über das Thema Hass hinaus.