Kolumne:
Der Mythos Startup lebt munter weiter
Nico Lumma und Christoph Hüning vom Next Media Accelerator beschäftigen sich mit Themen, über die man im Laufe der Woche sprechen sollte. Diesmal: Veränderung von Disruption zu Kooperation
Letzte Woche hat Hajo Schumacher eine Kolumne mit dem reißerischen Titel “Der Mythos Startup wird begraben” geschrieben, die zu Recht kaum beachtet wurde, vermutlich weil er zu plattes Startups Bashing betrieben hat:
"Die Hoffnung: Befeuert von schier grenzenlosem Investorenkapital entsteht ein Monopol, das kein Versprechen der New Economy – billiger, schneller, besser – hält, weil ungeduldige Investoren auszuzahlen sind. So wird zwischen ausgebeuteten Fahrern und wolkigen Geschäftsmodellen der Mythos Start-up begraben. Entschied früher vor allem eine neue Idee, herrscht heute ein brutales Zerstörungsbusiness, getreu dem Fetisch von der „Disruption“, dem Kaputtmachen eines traditionellen Erlösmodells, das danach digitalisiert aufersteht."
Wir greifen diese Kolumne von Hajo Schumacher dennoch auf, weil sie nicht nur als schlechtes Beispiel dienen kann, sondern wir an dem Text sehen, was viele Menschen in Deutschland mit Startups verbinden: Mit viel Kapital ausgestattetes Glücksrittertum, das eigentlich niemand braucht. Und ja, diese Startups gab es, gibt es und es wird sie auch immer wieder geben. Weil es unterschiedliche Wege zum Ziel gibt, unterschiedliche Gründertypen gibt, unterschiedliche Thesen entwickelt werden, die Investor*innen verfolgen und mit denen sie erfolgreich werden können. So wie Rocket Internet für viele Interessierte und gerade auch Journalist*innen das Paradebeispiel zum Thema Startups war, ist wohl auch Art und Weise des Delistings an der Börse als exemplarisch zu sehen, dass die Zeiten sich ändern.
Denn was Schumacher gekonnt ignoriert, weil es seine Argumentationskette empfindlich stören würde, ist eine Veränderung innerhalb der Startup-Branche, nicht nur hier, sondern auch in den USA. Neben den Disruptoren, die traditionell im Silicon Valley herangezüchtet werden, gibt es immer mehr Startups, die weniger auf Disruption, sondern verstärkt auf Kooperation setzen und im Zusammenspiel mit etablierten Unternehmen wachsen wollen, weil sie für diese relevante Produkte entwickeln. Der daraus resultierende Impact ist nicht zu vernachlässigen, denn diese Startups fungieren als Innovationsmotor für die unterschiedlichsten Branchen. In Deutschland können wir das u.a. in Bielefeld bei der Founders Foundation, in Osnabrück beim Seedhouse oder in Hamburg beim next media accelerator bewundern. Denn die Zusammenarbeit von Startups mit etablierten Unternehmen funktioniert und schafft die vielgepriesenen Synergien.
Vielleicht sollte Hajo Schumacher mal aus seiner Berlin-Mitte Blase ausbrechen und realisieren, dass sich die Startup-Szene stets weiterentwickelt und nichts dagegen spricht, dass er auch mal seine Vorurteile überprüft. Startups sind vielfältig, Startups sind weiter relevant und Startups sorgen für die dringend benötigten Innovationsschübe für die Wirtschaft in Deutschland. Und nein, wenn jetzt Delivery Hero Wirecard im DAX ersetzt, hat dies nichts mehr mit Startups zu tun.