Das Schweigen nach der PR-Rüge
Nach monatelanger Beratung rügt der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) Jung von Matt und Mercedes-Benz wegen der PR-Aktion "Tramp a Benz". Ausführlich äußern sich nur die PR-Wächter.
Nein, ein Statement zur Rüge des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR) gibt es weder von der Agentur Jung von Matt noch von Mercedes-Benz. Dabei hat der DRPR am Mittwoch in aller Ausführlichkeit (hier gibt es das PDF) die Agentur und ihren Kunden sowie den Blogger Stefan Gbureck massiv kritisiert und gerügt. Von "Täuschungsversuchen" ist die Rede, von "schwammigen Formulierungen" und sogar von der Rückgabe eines Goldenen Löwen aus Cannes. Da wäre ein wenig PR in eigener Sache doch eigentlich ganz passend.
Doch es herrscht Schweigen und das passt wiederum zu diesem Fall, denn ums Schweigen an der falschen Stelle geht es ja auch dem DRPR. Der wirft Jung von Matt und Mercedes-Benz verdeckte PR im Internet vor. Es geht um die Aktion "Tramp a Benz" des Bloggers Stefan Gbureck. Der fuhr im Dezember 2010 von Berlin aus per Anhalter durch Europa. Dabei ließ er sich ausschließlich von Mercedes-Benz-Fahrern mitnehmen. Die Reise dokumentierte er auf seinem Blog www.tramp-a-benz.com, Youtube und Facebook. Dabei war, so der DRPR, stets die Rede von einer "Kunst-Aktion".
Der Rat wirft Jung von Matt und Mercedes-Benz mangelnde Transparenz vor, weil sie sich als Absender der gemeinsamen PR-Aktion nicht zu erkennen gaben. Damit sei gegen nationale und internationale PR-Richtlinien verstoßen worden. Die PR-Maßnahme hätte "grundsätzlich auch professionell, wirksam und transparent durchgeführt werden können", schreibt der Rat und wirft allen Beteiligten damit auch Unprofessionalität vor.
Die PR-Wächter empfehlen deshalb die Aberkennung des Goldenen Cannes-Löwen in der Kategorie PR, den Jung von Matt gewonnen hat. "Aus unserer Sicht wäre es besser, wenn die Jury in Cannes hierbei im Sinne der internationalen Standards entscheidet. Uns hat es sehr verwundert, dass die Aktion ausgezeichnet wurde, obwohl bereits das Verfahren lief. Offensichtlich wurde die Jury nicht von Agentur- bzw. Unternehmensseite hierüber informiert", sagt Richard Gaul, seit 2008 Vorsitzender des DRPR und lange Jahre Kommunikationschef von BMW.
Kurz nach der Preisverleihung in Cannes sorgte die Entscheidung der Jury, für "Tramp a Benz" eine Goldenen Löwen zu vergeben, in der Tat für Diskussionen. Aber nicht wegen mangelnder Transparenz, sondern wegen angeblichen Ideenklaus. Gegenüber W&V Online äußerte sich damals der deutsche Cannes-PR-Juror Karl-Heinz Heuser (Burson Marsteller), in der Jury habe es überhaupt keine Einwände gegeben. "Alle Jurymitglieder waren von dem Projekt beeindruckt - gerade auch im Hinblick darauf, wie sehr es auf die Marke einzahlt", berichtete damals Heuser.
Auch die von W&V Online befragten ADC-Mitglieder zeigten großes Verständnis für die Entscheidung der Cannes-Jury. Raban Ruddigkeit, Berliner ADC-Mitglied, fand zwar, dass die Aktion auf den ersten Blick wie ein Studentenprojekt anmutet. "Aber das Geheimnis liegt doch darin, eine Idee konsequent zu Ende zu denken. Dafür wurde Jung von Matt in diesem Fall von der Cannes-Jury belohnt. Für mich gibt es an der Entscheidung nichts zu deuteln", so Ruddigkeit. Ähnlich sah es auch das ADC-Mitglied Carsten Heintzsch: "Die Cannes-Jury ist doch nicht bekloppt", lautet sein Kommentar. "Die Kritiker sollen sich mal entspannen."
Ob das die Jury in Cannes auch so sieht, ist noch nicht klar. Auf Anfrage teilt das Festival mit, dass man erst das Gespräch mit Jung von Matt abwarten will.