
Interview:
Christoph Metzelder: "Werbung ist nicht schlimmer als Fußball"
Im Exklusiv-Interview mit W&V Online spricht Christoph Metzelder über seinen Wechsel zu Jung von Matt, die Kommerzialisierung im Fußball und über den Nike-Shirt-Auftritt von Mario Götze und Jan Kirchhoff bei ihrer Vorstellung durch den FC Bayern.
Anfang der Woche hat Jung von Matt mit den beiden Ex-Fußballprofis Christoph Metzelder und Katja Kraus sowie mit JvM/Fleet-Geschäftsführer Raphael Brinkert die neue Sportmarketingagentur Jung von Matt/Sports gegründet. Metzelder war bis zum 30. Juni als Spieler beim FC Schalke 04 unter Vertrag. Davor war der Vize-Weltmeister von 2002 für Real Madrid und für Borussia Dortmund aktiv. Im Exklusiv-Interview mit W&V Online spricht der Ex-Fußballer über seinen Wechsel in die Werbebranche, die Kommerzialisierung im Fußball und über den Nike-Shirt-Auftritt von Mario Götze und Jan Kirchhoff bei ihrer offiziellen Vorstellung durch den FC Bayern.
Pünktlich zu Ihrem Start in der Werbebranche haben Sie am Samstag gleich schon mal den Football Agency Cup kennengelernt. Wie hat es Ihnen dort gefallen?
Ich fand’s super. Für mich war es ein schönes Erlebnis nach 13 Jahren Profifußball mal so ein Turnier mit Amateur- und Hobbyfußballern zu spielen, bei dem es nicht mit 100-prozentigem Ernst zur Sache geht. Das Veranstaltungskonzept mit Turnier, Cheerleader-Cup und der abendlichen Party ist wirklich gut. Mir hat’s Spaß gemacht.
Sie sind erst 32 Jahre alt. Warum haben Sie mit dem Fußball aufgehört? Keine Lust auf Australien, Amerika oder die Emirate?
Ich habe mir im letzten halben Jahr schon einige Angebote angehört, aber im Endeffekt haben mich meine Stiftung und einige andere Projekte doch hier in Deutschland gehalten. Davon abgesehen waren für mich – nach den vielen Jahren – auch die körperlichen Verschleißerscheinungen immer stärker zu spüren. Am Ende muss man ehrlich zu sich sein: Ich hatte einfach das Gefühl, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, um meine Karriere noch auf einem hohen Leistungslevel zu beenden.
Was zieht Sie nun in die Werbebranche?
Die Konstellation bei Jung von Matt/Sports ist für mich ideal: Ich komme so ein bisschen raus aus dem unmittelbaren Fußballgeschäft, ohne aber den Kontakt ganz zu verlieren. Dazu kann ich in der Agentur mein Wissen aus der Profikarriere einbringen und gleichzeitig sehr viel lernen. Ich gewinne eine neue Außensicht auf das Sport-Business. Darauf freue ich mich. Jung von Matt ist eine große Agenturmarke. Hinzu kommt, dass ich Raphael Brinkert seit vielen Jahren gut kenne. Natürlich habe ich mich über das Interesse von Jung von Matt sehr gefreut.
In zehn Jahren könnte man Sie aber vielleicht auch auf dem Managerposten eines bekannten Proficlubs sehen, oder?
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich in diesem Bereich meine berufliche Zukunft sehe. Wie gesagt: Das Schöne ist, dass ich bei Jung von Matt/Sports den Kontakt zum Fußball ja nicht verliere. Zusätzlich bin ich ab der kommenden Saison ja auch noch als Sky-Experte tätig.
Seit wann kennen Sie Ihren neuen Business-Partner Raphael Brinkert?
Schon ewig. Raphael kommt wie ich aus Haltern am See im nördlichen Ruhrgebiet. Und später - während seiner Zeit bei Scholz & Friends – haben wir uns im Rahmen der prämierten Marketingkampagne "Tu's Haltern" wiedergetroffen.
Haben Sie Jean-Rémy von Matt auch schon kennengelernt?
Ja, wir haben uns in Hamburg in der Agentur getroffen. Er ist eine sehr charismatische Persönlichkeit.
Wo leben Sie eigentlich? Werden Sie bald nach Hamburg umziehen?
Im Moment lebe ich in Haltern am See, aber bald in Düsseldorf. Für Jung von Matt werde ich in ganz Deutschland unterwegs sein. Gut möglich, dass ich auch bald über eine eigene Wohnung in Hamburg nachdenken muss.
Wie soll die Aufgabenteilung zwischen Ihnen, Katja Kraus und Raphael Brinkert bei Jung von Matt/Sports genau aussehen?
Raphael übernimmt das Agenturgeschäft, weil er darin die meiste Erfahrung hat. Katja bringt ihre Erfahrung als langjährige Vereinsmanagerin ein (sie war bis 2011 HSV-Vorstand, Anm. d. Red.). Ich werde mein Know-how als ehemaliger Profisportler in die Waagschale werfen – und versuchen, deutlich zu machen, woran es liegen könnte, dass so viele Unternehmen ihre Rechtepakete im Sport gar nicht richtig ausnutzen. Und natürlich helfen mir auch mein Netzwerk und meine Nähe zum Fußball.
In jüngster Zeit gab es zunehmend Proteste gegen die Kommerzialisierung im Fußball. In Bremen und Nürnberg gab es Fan-Kritik wegen unliebsamer Sponsorenverträge. Auf Schalke herrscht Riesen-Empörung wegen eines umstrittenen Vertrags mit dem Ticketvermarkter Viagogo. Wird das Geschäft in diesem Bereich künftig schwieriger?
Zunächst mal will ich klar sagen: Wir freuen uns, dass wir hier in Deutschland eine unglaublich lebendige Fan-Szene haben – und viele Fans, die auch über das 1:0 vom Wochenende hinausdenken. Es ist für jeden Verein ein Spagat, auf der einen Seite die traditionellen Werte hochzuhalten, aber zugleich die Konkurrenzfähigkeit sicherzustellen – und letzteres heißt: die Einnahmeströme im Blick zu behalten. All das gilt es, gegenüber Mitgliedern und Fans zu kommunizieren, um dann Entscheidungen zu treffen, die man entsprechend begründen kann.
Mario Götze und Jan Kirchhoff trugen bei ihrer Vorstellung durch den FC Bayern ein Shirt ihres gemeinsamen Sponsors Nike, obwohl Adidas der offizielle FC-Bayern-Partner ist. Das war vertragswidrig. Wie beurteilen Sie den Fall?
Aus der Sicht von Nike war das eine clevere Aktion. Aber dies wird den Start der beiden beim FC Bayern nicht gerade vereinfachen. Andererseits liegt es natürlich auch in der Verantwortung des Vereins, darauf zu achten, dass vertragliche Verpflichtungen eingehalten werden.
Herr Metzelder, viele halten Werbung ja für Selbstbeweihräucherung. Sie waren in Ihrer Jugend Ministrant. Haben Sie den Weihrauch gut vertragen?
Ich habe immer nur bei normalen Messen gedient, nicht bei Hochämtern. Deswegen kam ich mit Weihrauch nie in Berührung. Aber ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Ich habe mich 13 Jahre im Profifußball selbst beweihräuchert, in der Werbung kann es bestimmt nicht schlimmer sein.
Als Jugendkicker bei TuS Haltern, waren Sie da eigentlich Schalke- oder BVB-Fan?
Ich war für Gladbach.
Meine letzte, und zugleich wichtigste Frage: Wer wird Weltmeister 2014 in Brasilien?
Die Südamerikaner haben den Vorteil, dass sie an die klimatischen Verhältnisse dort gewöhnt sind. Noch nie hat eine europäische Mannschaft in Süd- oder Nordamerika den WM-Titel gewonnen. Beim Confed-Cup war Brasilien stark, gleichzeitig sehe ich den spanischen Zyklus am Ende. Für Deutschland sehe ich eine Chance, weil unser Team von Position 1 bis 23 im Vergleich zu den anderen am besten besetzt ist. Aber mein Top-Favorit ist Brasilien.
Interview: Markus Weber