Christian Seidel: "Topmodels fördern gefährlich falsches Wertebewusstsein"
Einst Kirch-Manager, rechnet Christian Seidel heute als Buch-Autor mit der Fernsehbranche ab. Sein Werk "Gewinnen ohne zu kämpfen" erzählt von seiner Rückkehr vom Jet-Set ins normale Leben.
Ein Burnout, ein schwerer Autounfall, der Verlust eines Freundes und die Kampfsportart Taekwondo haben den ehemaligen Kirch-Programmvermarktungschef Christian Seidel umgekrempelt. Der heute 51-Jährige tritt derzeit wieder ins Lampenlicht – allerdings als Autor des Buchs "Gewinnen ohne zu kämpfen" (Verlag Random House). Ein Werk, das den Untertitel "Taekwondo oder die Entdeckung der Werte" trägt. Eine Erkenntnis, die Christian Seidel einem südkoreanischen Trainingslager mit hartem Holzboden und Meister Ko Eui-Min zu verdanken hat. Nichts erinnert mehr daran, dass Seidel jahrelang Manager von Supermodel Claudia Schiffer war, dass er Heidi Klum entdeckte und der Talkmasterin Arabella Kiesbauer den Weg ebnete, dass er einst im Reich des Medienmoguls Leo Kirch als Hoffnungsträger für die Führungsebene galt.
Heute rechnet Seidel mit der Branche ab. So hat er zum Auftakt der Lesereise scharfe Kritik an gefährlichen Vorbildern geübt – just beim früheren Partnerunternehmen ProSiebenSat.1, dem er mangelndes Verantwortungsbewusstsein vorwirft. Solche Medienkonzerne würden für den schnellen Euro Arbeitsplätze vernichten und seriöse journalistische Formate nahezu komplett abschaffen. Private-Equity-Unternehmen wie dieses drohen zu einem "Wilden Westen der Profitgier" zu verkommen. Er kritisiert, dass in "quotengeilen Formaten das Vorbild einer ruhmfixierten Generation entgleister Mädchen vermittelt wird". "Unsere Businesswelt ist zu einem Schmelztiegel rücksichtsloser Erfolgsritter geworden, die jeder nach Profit riechenden Wurst hinterherrennen", beklagt Seidel. Und er moniert weiter: "Wie bei Fernsehcastings bedeutet Erfolg auch in Politik und Wirtschaft nur noch, möglichst schnell möglichst viel Geld zu machen und ein möglichst tolles Image zu hinterlassen. Fernsehshows wie 'Germany's Next Topmodel‘ fördern ein gefährlich falsches Wertebewusstsein."
Doch Seidel übt auch Selbstkriitik – eine Tatsache, die sich wie ein roter Faden durch sein Buch zieht. Christian Seidel: " Ich habe auf dem Boden geackert, auf dem wir heute stehen." Der gelernte Journalist beschreibt sehr genau und in vielen Etappen, wie ihm seine Gegnerin in der Kampfkunst, eine flinke junge Koreanerin, nach und nach die Augen öffnet. Für Werte, die da heißen Respekt, Achtsamkeit, Disziplin und Verantwortung. Und die will er jetzt in seiner "alten" Welt verbreiten. Die Klaviatur der Medienbranche weiß er aber noch zu spielen: Christian Seidel hat eine eigene Homepage und blogt dort auch.