
Cannes 2011: Nie dagewesen - Deutschland gewinnt acht Press-Löwen
Deutschland ist in Cannes drittbeste Press-Nation geworden. Gute Ideen hatten die Deutschen schon immer, jetzt können sie sie auch umsetzen. Wie unsere Gewinner-Galerie zeigt.
So viele waren es noch nie. Acht Löwen gewinnen deutsche Agenturen – allen voran Scholz & Friends – in der Kategorie Press. Dabei hatte Deutschland weniger Arbeiten denn je (349) zum Press-Wettbewerb eingereicht. An Effizienz und Talent fehlt es in diesem Jahr nicht.
Zweimal Gold, einmal Silber und fünfmal Bronze gibt es für hiesige Kampagnen. Dabei hat Scholz & Friends in Berlin mit einmal Gold (BUND), einmal Silber (WERU) und einmal Bronze (Andreas Stihl) klar die Nase vorn. Grabarz & Partner in Hamburg gewinnt mit Volkswagen Rear Assist das zweite Gold für Deutschland. Serviceplan in München überzeugte mit einer Kampagne für Lego und bekommt Bronze ebenso wie Ogilvy in Frankfurt für das Rolling Stone Magazine sowie Leagas Delaney (Schauspielhaus Hamburg).
Ogilvy hat in diesem Jahr für das Rolling Stone Magazine zweimal Bronze bekommen. Zwei Löwen, Silber und Bronze, waren der Agentur im vergangenen Jahr in der Kategorie aberkannt worden, weil die Agentur die Kampagne eingereicht hatte, bevor sie überhaupt geschaltet worden war. 2010 hatte Deutschland damit nur einen einzigen Press-Löwen vorzuweisen. Gold ging damals an DDB.
Acht Löwen hat Deutschland nicht einmal im Boomjahr 2008 mit nach Hause genommen. Damals waren es sieben. „Wir haben einfach eine Menge starke Einreichungen gehabt“, sagt Burkhart von Scheven, noch Kreativchef von Saatchi & Saatchi Deutschland in Frankfurt. Von Scheven sitzt in diesem Jahr für Deutschland in der Press-Jury. „Wir geben uns nicht mehr mit Halbgarem zufrieden“, sagt der Juror. „Gute Ideen haben wir auch früher schon gehabt, aber die Arbeiten sind inzwischen auch perfekt umgesetzt.“ Deutschland ist 2011 drittbeste Nation in der Kategorie nach Brasilien und Argentinien.
Das Niveau der Exekution sei auch international erstaunlich hoch gewesen, sagt von Scheven. Gerade die Entwicklungs- und Schwellenländer, die 2011 enorm viel eingereicht und zahlreiche Löwen gewonnen haben, hätten in diesem Jahr in der Umsetzung überrascht. „Der durchschnittliche Exekutionsstandard ist wahnsinnig hoch“, sagt der deutsche Kreative.
Was am Ende aber zählt ist die Idee. Und einen Löwen wert waren der Jury am Ende doch nur 99 Kampagnen/Motive von 5415 eingereichten Arbeiten. „Print ist die einfachste Form der Partizipation, die maximale Reduktion einer konzeptionellen Idee“, so die Jury. „Das Medium wird deshalb immer seine Berechtigung haben“, sagt Tony Granger, Global Chief Creative Officer von Y&R, der 2011 der Jury vorsitzt.
Der Grand Prix zeigt das exemplarisch (siehe Bildergalerie). Aus China hatte JWT in Shanghai eine Arbeit für Samsonite eingereicht, die, wie Granger sagt, durch „ihre Schönheit, ihre Detailfreude, ihre außergewöhnliche Kunstfertigkeit“ überzeugt. Samsonite beschreibt auf einer Doppelseite, welchen Weg ein Koffer gehen muss, wenn sein Besitzer im Flugzeug verreist. Während sich der Passagier an Bord entspannt, wie im Himmel umsorgt wird, geht der Samsonite im Bauch des Flugzeugs durch die Hölle, nimmt aber – als Samsonite natürlich – keinen Schaden.
Den Gegensatz Himmel-Hölle illustriert die Agentur aufwändig im 3D-Stil mit Engeln und Teufeln, Wolken und Feuer, der Verbraucher verliert sich im Betrachten der Details. „Auch eine Anzeige kann den Verbraucher also involvieren“, sagt Jury-Präsident Granger. Das ist ein Trend, der sich in diesem Jahr bekanntlich durch alle Kategorien zieht. Für den Grand Prix diskutiert wurde auch die Arbeit von Y&R Dubai für Harvey Nichols. „Die Press-Kampagnen werden immer spielerischer und experimenteller“, beobachtet von Scheven. Das übliche Cannes-Layout, mit überhöhtem Visual und einem Logo rechts in der Ecke, brauche niemand mehr. „Das punktet hier nicht mehr.“ Für China ist es der erste Grand Prix überhaupt.
Die Press-Löwen wurden am Mittwochabend zusammen mit den Cyber- und Design-Lions im Palais des Festivals vergeben.