20 Jahre Spiegel Online:
Büchner plant schon die nächste "Spiegel"-Party
Keine Buhrufe, keine Pfiffe - der erwartete Eklat um Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner auf der Party zum 20-jährigen Jubiläum von Spiegel Online blieb aus. Aufschlussreich war der Abend auch so. W&V-Korrespondent Gregory Lipinski berichtet aus Hamburg.
Keine Buhrufe, keine Pfiffe - der erwartete Eklat um "Spiegel"-Chefredakteur Wolfgang Büchner auf der Party zum 20-jährigen Jubiläum von Spiegel Online blieb am Montagabend aus. Aus Respekt vor Gastrednern wie Finanzminister Wolfgang Schäuble oder Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz verkniff sich die Belegschaft des Hamburger Printhauses jedwedes Störfeuer. Und auch dann, als der ehemalige dpa-Chefredakteur über sein angeschobenes Konzept "Spiegel 3.0" sprach. "Wir wollen alle Kräfte dieses Hauses bündeln, um bis zum Sommer kommenden Jahres, ein auch weltweit einmaliges, innovatives Premium-Angebot für die digitale Welt zu erarbeiten. Ein Angebot, bei dem jeder sofort sagt, das ist mir mehr Wert als ein Cappuccino to Go", sagte Büchner vor mehr als 1000 Gästen.
Bei den Worten "Kräfte bündeln" dürften allerdings viele Mitarbeiter aufgehorcht haben. Denn von einer Zusammenarbeit oder gemeinsamen Zukunft mit Büchner kann hier kaum noch die Rede sein. Viele Mitarbeiter glauben, dass nach den großen Feierlichkeiten nun der große Knall folgt und Büchner demnächst abgelöst wird. Erwartet wird eine interne Lösung, nach dem "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo dem Verlag einen Korb gegeben hat. Und die könnte heißen: Klaus Brinkbäumer, bislang Vize-Chefredakteur beim Nachrichtenblatt. Er soll den glücklosen Büchner ablösen und endlich Ruhe in den monatelangen Führungsstreit bringen. Brinkbäumer hielt sich geschickterweise im Hintergrund.
Doch der Gesprächsbedarf scheint noch groß. Nach dem Auftritt von Büchner schob sich Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel langsam durchs Publikum aus Wirtschaft, Politik und Medien im Foyer des Hauses Richtung Tribüne, um mit "Spiegel"-Geschäftsführer Ove Saffe zu reden. Der wirkte sichtlich angespannt. Denn für den ehemaligen "Stern"-Verlagsgeschäftsführer steht viel auf dem Spiel. Verlässt der Chefredakteur das Unternehmen, könnten auch seine Tage gezählt sein. Schließlich war es Saffe, der Büchner geholt hatte, um das Printhaus fit für die digitale Zukunft zu machen. Er hatte seine weitere Zukunft beim "Spiegel eng" mit dem Schicksal von Büchner verknüpft.
Die Führungskrise dürfte aber dem Siegeszug von Spiegel Online keinen Abbruch tun. Das reichweitenstarke Portal schriebe seit zehn Jahren schwarze Zahlen, erklärten die Spiegel-Online-Geschäftsführer Katharina Borchert und Matthias Schmolz. Die einst getätigten Investitionen seien somit längst verdient. Diese wirtschaftlich gute Ausgangssituation verschaffe dem Online-Angebot die Freiheit für Experimente. Diese sind notwendig. Denn das Portal stehe durch die steigenden Mobilnutzung vor großen Herausforderungen und müsse hierauf reagieren.