Nach der Causa Strepp:
Brender: ZDF-Gremien sollen im Superwahljahr frei von Politikern sein
Nikolas Brender, bis zum CDU-Einschreiten Chefredakteur des ZDF, fordert weniger Parteieneinfluss im anstehenden Wahljahr 2013.
Das ZDF hat gerade eine Causa Strepp zu verkraften. Damit die Politik und vor allem die Regierungspartei CDU im anstehenden Wahljahr 2013 erst gar nicht in Versuchung geraten, über Gremien Druck auf das Zweite auszuüben, fordert der langjährige Ex-Chefredakteur Nikolaus Brender Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, den Einfluss von Politikern auf die öffentlich-rechtlichen Sender zu beschneiden. In der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (EVT: 31.10.) appelliert er an die Kanzlerin in einem offenen Brief: "Ergreifen Sie die Initiative zum Rückzug aller Politiker aus den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien im Wahljahr 2013." Brender begründet seinen Vorstoß mit der Praxis in der Wirtschaft: "In gut geführten Unternehmen verzichten Aufsichtsratsmitglieder bei Befangenheit auf Sitzungsteilnahme und Abstimmung."
Brender war Chefredakteur des ZDF von 2000 bis 2010; 2009 hatte es der überwiegend mit Unionspolitikern besetzte ZDF-Verwaltungsrat abgelehnt, Brenders Vertrag als Chefredakteur über 2010 hinaus zu verlängern - ein Fall mit Folgen. Da Brender als unabhängiger Kopf galt, wurde dies als Machtdemonstration der Politik gesehen. Heute hat Brender einen Talk bei n-tv.
Nach Ansicht Brenders sind Politiker zu keinem Zeitpunkt "parteiischer und zu unbefangener Kontrolle ungeeigneter als in Zeiten des Wahlkampfes". Die Besetzung der Aufsichtsgremien mit Parteipolitikern schade "sowohl dem Ansehen der öffentlich-rechtlichen Sender wie auch der Politik". Mehr als 40 aktive und ehemalige Politiker allein beim ZDF hätten "mehr die Interessen ihrer Parteien als die der Allgemeinheit im Blick", auch wenn es Ausnahmen gebe.
"Auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, sind mit drei Ministern gut vertreten und haben kürzlich Ihre engste medienpolitische Beraterin Christiansen zur Kontrolle geschickt." An die Adresse von Merkel gerichtet, schreibt Brender: "Das Fiasko um den CSU-Parteisprecher Strepp sollte Ihnen eine Warnung sein." Hans Michael Strepp hatte nach einem umstrittenen Anruf bei der "heute"-Redaktion des ZDF seinen Rücktritt erklärt, weil ihm politische Einflussnahme vorgehalten worden war. Es gebe "keine Bundestagswahl, keine Bayernwahl, zu denen die Generalsekretäre der CSU den mit Politikern überfüllten Chefredaktionsausschuss des ZDF (…) nicht mit zeitraubenden, zermürbenden, programm- und ergebnislosen Politdebatten überziehen", kritisiert Brender. "Das Ziel solcher Interventionen ist klar: die Verunsicherung der Programmmacher."