
Blattkritik: Gala Men
"Was wir heute brauchen": Das zu liefern verspricht der Untertitel des neuen Männerhochglanzblattes "Gala Men", das ab heute neben "GQ", "Playboy" und "FHM" am Kiosk liegt.
"Was wir heute brauchen": Das zu liefern verspricht der Untertitel des neuen Männerhochglanzblattes "Gala Men", das ab heute neben "GQ", "Playboy" und "FHM" am Kiosk liegt. Vom Cover blickt ernst, fast ein bisschen traurig, formatfüllend Brad Pitt dem Leser tief in die Augen.
Dazu hat er allen Grund. Er scheint es schon zu wissen: "Was wir heute brauchen" - und wir, das sind die Männer in diesem Falle - ist mitnichten dieses Heft. Einmal mehr ein Magazin, das unter affigen Rubrizierungen wie "Inspired" oder "LookBook" zum wiederholten Male vermeintlich ulkige "Toys for Boys" und ausgefallene Kleidungsstile zum Muss erklärt. Das Mode zeigt, die eine Hälfte der Leser nicht bezahlen, die andere nicht tragen kann. Geschenkt, jeder weiß, dass die Modestrecken in Männertiteln ein Zugeständnis an die Anzeigenkunden sind und mit dem Leser meist wenig zu tun haben.
Dabei sind einige Ansätze sehr gut. Das Editorial lässt Lewandowskis beste Absichten erkennen; die daneben stehenden Bilder zeigen, dass der Leser sich auf Augenhöhe befindet mit Prominenten, die auch einfach nur Väter, Kumpel, Autofahrer sind. Und sogar mit Traumfrauen: Klasse Idee, die Rubrik "Auf ein Bier ...", und gleich mit Bond-Gespielin Eva Green. Das Interview passt dann leider nicht zum Bier, doch die gute Absicht verdient Anerkennung. Die Titelgeschichte über Brad Pitt ist deutlich besser und näher am Mann, ebenso das Treffen mit der "Männerherzen"-Mannschaft zum Männergespräch. Das ist eine Runde, der sich der Leser verbunden fühlen kann; so soll das sein. Und selbst der Kopf kommt nicht zu kurz. Unter Wert verkauft mit dem Rubrikentitel "Notebook", widmet sich "Gala Men" hier dem Geist, und das mit Köpfchen.
Vielleicht wäre weniger hier mal wieder mehr: Weniger Gala, mehr Men. Weniger Mode, weniger Pflege, mehr Persönlichkeit. Weniger Unruhe im Layout, mehr optische Trennung dadurch von den Anzeigen. Dann kämen die guten Seiten besser zur Geltung und die schlechten - na ja, die wären einfach weg.
Aber weniger, das passt, so scheint's, halt nicht zum Manne. Größer, schneller, weiter, mehr muss es sein. Ja: Die zentrale Frage "Wann ist der Mann ein Mann?" stellt "Gala Men" nämlich irgendwo im Gewimmel aus Mode, Brustwarzenfotos von Kate Moss und Training mit Koch Steffen Henssler. Und beantwortet sie mithilfe eines Häkelschwanzes nebst Messlatte. Das ist dann einfach zu viel. Und beispielhaft für den angestrengten Spagat, für den dieses Blatt steht: Schwanz ja, aber bitte künstlerisch wertvoll verpackt.
Fazit: Viele Chancen wurden verschenkt, das Konzept ist insgesamt nicht gradlinig genug. Vieles von dem, was "Gala Men" bietet, machen heute schon "FHM" (kumpeliger), "GQ" (schicker), "Playboy" (nackiger) und "Men's Health" (sportlicher) besser, trotzdem mit insgesamt schwindendem Erfolg. Die einzelnen erfrischenden Ideen konsequenter zu verfolgen träfe den Nerv der Zeit besser. Und das könnten Männer vielleicht heute wirklich brauchen.