Hornbach hat das zum Beispiel mit seiner "Herrenzimmer"-Kampagne sehr gut gelöst. Bei ihren unterhaltsamen Videoanleitungen leuchten die Augen eines jedes Hobbyheimwerkers hell auf. In einem riesigen Loft sägt und schraubt sich Herold Vomeer seine persönlichen Erholungsgebiete zusammen - vom Waldlaufsimulator bis zur Indoor-Angeloase und erreicht damit auf unterhaltsame Weise sogar Männer mit zwei linken Händen. Die Kernkompetenz von Hornbach ist klar zu erkennen, die Zielgruppe wird deutlich angesprochen.

Als weiteres sehr gutes Beispiel sehe ich "Freeletics“. Das erste Video (Levent, "15 Weeks Body Transformation") hat fast 8 Millionen Aufrufe auf YouTube, hebt deutlich den Mehrwert des Programmes hervor und macht neugierig. Die App richtet sich an ein besonders junges und kosmopolitisches Publikum, deren Lebensmodell die Vorteile unbegrenzter Mobilität und freier Arbeit beinhaltet. Mit den Trainings von Freeletics können sie sich fit halten, fernab vom Abo beim örtlichen Fitnesscenter. Die Anleitungen und emotionalen Grafiken und Videos motivieren und sprechen unser aller Schweinehund an, der sich bei jedem Training meldet und den es zu überwinden gilt. 

Der TV-Spot:

Erfolgreiche Kampagnen beinhalten im Grunde immer die folgenden drei Faktoren:

  1. Die Kampagne ist nah an der Marke und wirkt dennoch nicht werblich. Ein Mehrwert, der meilenweit vom Markenkern entfernt ist, zahlt langfristig nicht auf den Unternehmenserfolg ein. Der Mehrwert für den Nutzer ist entscheidender als die perfekte Werbebotschaft.
  2. Von der Zielgruppe bis zur Wahl der Kanäle sowie ihrer Evaluation ist die Kampagne klar definiert. "Zielgruppe Alle" ist beim Content-Marketing genauso falsch wie überall sonst auch. Aufmerksamkeit alleine ist kein Erfolgsfaktor, wenn sie der Marke nicht nützt. Identifikation und Interaktion hingegen sind klare Merkmale für gutes Content-Marketing. Dabei orientiert sich die Wahl der Kanäle nicht an aktuellen Marketingtrends, sondern in erster Linie an der Zielgruppe und ihren Nutzungsgewohnheiten. Ein Beispiel hierfür ist, dass fast alle Unternehmen ihre Videokampagnen über YouTube spielen, obwohl Facebook oftmals die bessere und auch günstigere Wahl wäre. Das heißt natürlich nicht, dass YouTube nicht funktioniert. Aber man muss einfach bei jeder Kampagne und jedem Thema neu bewerten, welches die beste Plattform dafür ist.
  3. Unterhaltung ist immer hilfreich, um Menschen für sich zu gewinnen. Denn egal in welcher Situation – sei es im Büro, an der Bushaltestelle oder abends vor dem Fernseher – kurze, unterhaltsame Inhalte erreichen den Nutzer immer. Sie machen im besten Falle neugierig, gewinnen die Aufmerksamkeit des Nutzers und verbreiten sich auch besser im Netz. Davon profitieren vor allem Themen, die sich an Zielgruppen in bestimmten Lebenssituationen richten, wie zum Beispiel "Hausbau" oder "Schwangerschaft". Hier haben Marken durch unterhaltsame Content-Marketing-Kampagnen die Chance, Top-of-Mind zu werden, auch wenn sich der Nutzer noch nicht in der richtigen Lebensphase befindet. Davon profitiert eine Marke nachhaltig.

Nach diesen Kriterien sind "Heimkommen" und der „Epic Split“ allerdings keine Beispiele für erfolgreiche Content-Marketing-Kampagnen. Epic Split vermittelt eine Kernkompetenz von Jean-Claude van Damme und nicht von Volvo Trucks. „Heimkommen“ ist so weit weg von Edeka, dass man ohne den Abspann nicht mal auf den Absender kommt. Außer Unterhaltung wird kein weiterer Mehrwert generiert. Dennoch haben beide Kampagnen die Aufmerksamkeit der Nutzer erreicht und ihre Zielgruppe gefunden. Sie gingen "viral" und waren durchaus ein Erfolg. Nur eben nicht für erfolgreiches Content-Marketing. Mit etwas mehr Kommunikation drum herum hätte das sicher besser geklappt. Vor allem bei Edeka. Volvo Trucks interessieren mich heute noch genauso wenig wie vor dem Epic Split. Aber ich habe mir nach langer Zeit mal wieder Filme mit JCVD angeschaut...

Meiner Meinung nach liegt im Content-Marketing noch sehr viel Potential. Es muss das Ziel sein, den Nutzer kennenzulernen, ihm zuzuhören, ihn zu verstehen und ihm einen Mehrwert zu bieten. Allerdings erfordert Content-Marketing ein Umdenken. Der Mensch muss im Zentrum der Kommunikation stehen, nicht die Marke oder das Produkt.

Über den Autor: Tobias Dillinger, 33, ist Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur DNMC mit Schwerpunkt auf Social Media- und Content-Marketing. Als kreativer Digital Native ist er für Strategien und Kampagnen zuständig. Weiterhin unterrichtet er "Digitale Unternehmenskommunikation" und coacht Start-Ups. Aktuell betreut die Agentur unter anderem die "Männergrippe"-Kampagne für Klosterfrau. Weitere Kunden sind E-Plus, Berlin Partner und das Bundesfamilienministerium. 


Autor: W&V Gastautor:in

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