So sind die Arbeitnehmer angesichts des größten Kostensenkungsprogramms in der Geschichte des Konzerns tief verunsichert. Mehr als 900 Millionen Euro will Ostrowski einsparen, um den von der Werbekrise hart gebeutelten Konzern aus der Verlustzone zu steuern. Viele Mitarbeiter verloren ihre Jobs. In den ersten neun Monaten 2009 sank konzernweit die Zahl der Beschäftigten um mehr als 4500 Mitarbeiter. Wie viele es am Ende werden, bleibt abzuwarten.

2010 – im Jahr des 175-jährigen Bestehens des Hauses – könnte der Kahlschlag noch weiter gehen. Schließlich muss das Unternehmen, das sein Geld mit Fernsehen (RTL), Mediendienstleistungen und Druck (Arvato), Zeitschriften (Gruner + Jahr), Büchern (Random House) sowie Buchclubs verdient, die Ertragslage weiter deutlich steigern, um den Schuldenberg von knapp sieben Milliarden Euro abzubauen. Eine geringere Verschuldung ist wichtig. Schließlich hatte die Ratingagentur Moody’s laut „Handelsblatt“ Bertelsmann zuletzt auf „Baa2“ abgestuft und damit „ein miserables Zeugnis“ ausgestellt.

So sind weitere Einschnitte wahrscheinlich. Fraglich ist nur, wo Ostrowski die Axt ansetzt. Möglicherweise könnten bei der Cash-Cow RTL weitere Umbauten bevorstehen, da die Tochter den größten Teil zum Ertrag des Unternehmens beisteuert. Auch Gruner + Jahr mit seinen Flaggschiffen "Stern" und "Brigitte" dürfte weiteres Ungemach drohen. Vor allem im Auslandsgeschäft ist hier und dort eine weitere Neuausrichtung nicht ausgeschlossen.

So könnte sich die Magazintochter aus weiteren Märkten insbesondere Osteuropa zurückziehen, deren Ertragslage sich nicht vielsprechend entwickelt hat. Erst vor wenigen Wochen hatte die Zeitschriftentochter überraschend das Rußlandgeschäft an den Erzrivalen Axel Springer abgegeben – und damit einen Abstieg aus der Champions League eingeläutet.

Ebenso dürften bei der Dienstleistungstochter Arvato weitere Veränderungen anstehen. Vor allem die Tiefdrucktochter Prinovis ist von den Überkapaziäten am Markt schwer gebeutelt. Zuletzt hatte sie wegen der Insolvenz des Kaufhauskonzerns Arcandor den Druck des Quelle-Katalogs verloren.

Verständlich ist deshalb, dass sich Ostrowski in seinem Jahresausblick vor allem mit den Arbeitnehmervertretern gut stellen will, falls es zu weiteren Personalanpassungen kommen sollte. Überaus lobend erwähnt er die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten. Sie hätten „einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie weder ihre Verantwortung für die Mitarbeiter noch ihre Mitverantwortung für das Unternehmen je aus den Augen verlieren“, heißt es im Mitarbeiterbrief, der Werben & Verkaufen vorliegt. Dennoch hätten die Arbeitnehmervertreter Bertelsmann „in den vergangenen Monaten und auch im jüngsten Herbstgespräch hart in die Pflicht genommen. Sie haben Partnerschaft gefordert und Dezentralität angemahnt“.

Hausintern werten Arbeitnehmer die Äußerungen von Ostrowski, dass 2010 der Arbeitsplatzabbau weiter geht. „Ich rechne damit, dass beim Personalabbau noch nicht das letzte Wort gesprochen ist“, meint ein Bertelsmann-Mitarbeiter. Ostrowski bemüht sich deshalb, ein gutes Verhältnis mit den Betriebsräten herzustellen. Zuletzt hatten vor allem öffentlichkeitswirksame Demonstrationen von Arbeitnehmervertretern der Zeitschriftentochter Gruner + Jahr gegen einen drohenden Kahlschlag in Redaktionen wie dem „Stern“ das Bertelsmann-Management verunsichert. Solche Gegenwehr war die Konzerntochter in der Vergangenheit nicht gewohnt.

Unklar ist auch, ob sich langfristig im Management von Bertelsmann nach dem Tod des Firmengründers Reinhard Mohn etwas tut. Denn Liz Mohn ist nun die unangefochtene Machthaberin im Unternehmen. Sie dürfte genau beäugen, wie Ostrowski die weitere Zukunft des Konzerns gestaltet und die Belegschaft zu äußergewöhnlichen Leistungen motiviert, um das Familienunternehmens aus Gütersloh wieder weltweit in die Champions League zu führen. Die Neujahrsbotschaft von Ostrowski lässt davon wenig spüren.