Handel:
Beacons-Testlauf: Gute Nutzer-Resonanz, aber Technik-Schwächen
Die Bilanz des App-Betreibers Gettings zu seinem mehrmonatigen Feldtest mit Beacons fällt zweischneidig aus. Wer eine Push-Nachricht empfängt, geht zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Geschäft. Allerdings lassen die Reichweiten zu wünschen übrig. Außerdem offenbarte der Praxis-Text massive technische Probleme.
Ernüchternde Erfahrungen hat der App-Betreiber Gettings gemacht. In einem Test von Juli bis Dezember 2014 brachte die E-Plus-Tochter 140 Beacons in 72 Geschäften in Düsseldorf an, darunter bei den Schuhhändlern Görtz und Tamaris sowie den Mobilfunkern O und E-Plus. Dabei erhielten die Nutzer im Geschäft über die kleinen Sender eine Willkommensnachricht oder einen Coupon. Dazu mussten die Kunden allerdings die Gettings-App installiert sowie Bluetooth aktiviert haben. Der App-Betreiber musste aber feststellen, dass sich dadurch die Zielgruppe rapide verringerte und veröffentlicht dazu auch Zahlen. Zudem gab es mehrere Probleme mit der Technik.
Zum einen ist die Batterielaufzeit sehr niedrig. Die Aussage von einigen Herstellern von einer Leistung von zwei Jahren ist laut Gettings-Geschäftsführer Boris Lücke nicht haltbar. Zum Teil habe der Mobile-Spezialist schon nach drei Monaten keine Signale mehr empfangen. "Wenn wir einen nationalen Rollout von Beacons unternehmen würden, müssten wir eine Heerschar von Technikern anstellen, die die Sender regelmäßig warten", sagt Lücke. Für einen Vermarkter würde dies zu viel Arbeit bedeuten. Durch längere Intervalle zwischen den Signalen kann die Laufzeit zwar erhöht werden, allerdings könnten dann viele umherlaufende Menschen nicht mehr angesprochen werden. Der Praxistest zeigt, dass sich die Konsumenten dann zu schnell aus dem Senderadius bewegen.
Der Gettings-Test enthüllte zum anderen Probleme mit der Reichweite: So verringerten etwa Wettereinflüsse wie Regen und Nebel die Sendeleistung der Beacons am Eingang des Geschäfts. "Teilweise strahlten die Beacons nur fünf Meter weit", sagt Lücke. Das sei viel zu wenig. Auch dickes Sicherheitsglas am Eingang wirkte sich nachteilig aus. Die Sender sind zudem weniger mobil als gedacht: Der Beacon muss genau installiert werden, um die richtigen Winkel zu treffen. Sich ändernde Inneneinrichtungen lassen die Effizienz deutlich sinken. Eine abwechselnde Positionierung der Geräte ist jedoch aufwändig, vor allem, wenn die Beacons nicht batteriebetrieben sind.
Gettings hat auch das Reichweitenpotenzial erhoben: Die App hat bundesweit 1,4 Millionen User, davon in Nordrhein-Westfalen 370.000, in Düsseldorf und Umgebung waren es noch 100.000. Nicht jedes Smartphone kann technisch Beacons-Signale verarbeiten, sondern nur neuere Generationen des iPhone und von einzelnen Android-Geräten. Zudem muss auch der Bluetooth-Übertragungsstandard aktiviert sein. Damit reduziert sich die technische Reichweite schon auf 13.000 User. Um am Beacon-Projekt teilzunehmen musste noch eine Zustimmung in Form eines Opt-in gegeben werden. "Das ist ein dramatisches Schrumpfen", sagt Lücke.
Dagegen konnte sich die Interaktionsrate sehr gut sehen lassen. Insgesamt gab es laut Gettings 82.000 Kontakte mit einem passenden Smartphone. Dabei kam es zu 14.000 ausgespielten Nachrichten und 7.000 Klicks. Erkenntnisse: Konnte ein Nutzer außerhalb des Ladens mit einer Push-Nachricht kontaktiert werden, kam er auch in 50 Prozent der Fälle in den Laden. "Die Technologie hat eine starke Sogwirkung und eine starke Wirkung am PoS, eine große Chance für den Handel", sagt Lücke. 33 Prozent klickten innerhalb der ersten fünf Minuten auf die Nachricht, 20 Prozent sogar sofort. Eine Abnutzungstendenz konnte nicht festgestellt werden.
Am besten funktionierten die Beacons-Nachrichten bei Preisnachlässen und bei Verbrauchsgütern. Die Nutzer reagierten am stärksten in den Kategorien Mode, Kosmetik und Gastronomie. "In anderen Segmenten wie Möbel und Telekommunikation ist die Reaktion natürlich niedriger, da bei diesen Produkte nur selten spontan am PoS gekauft werden", sagt Lücke.
Die Bilanz fällt zweischneidig aus: "Wenn wir die User erreichen, ist die Interaktion vergleichsweise hoch", sagt Lücke. Negativ fallen die Probleme mit der Technik sowie die geringe Reichweite ins Gewicht. Beacons seien wohl nur ein Zwischenschritt zu einer weiterentwickelten Lösung. "Die Beacons als Retter des Handels sehe ich derzeit nicht", sagt Lücke.
Mit welchen anderen Problemen die Händler mit den kleinen Sendern außerdem zu kämpfen haben, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der W&V (12/2015) in der Serie "Zukunft des Handels" zum Thema Beacons.