
Bauer fordert: Grosso-Verband soll nicht mehr zentral verhandeln!
Bauer greift das Verhandlungsmandat des Grossoverbands für seine Mitglieder an. Heute ist vor dem Landgericht Köln verhandelt worden.
Um 11 Uhr am Dienstag ist die Verhandlung zwischen den Streitparteien Grosso-Verband und Heinrich Bauer Media vor dem Landgericht Köln angesetzt gewesen. Bauer ficht dort das zentrale Verhandlungsmandat des Grosso-Verbands an. Der handelt traditionell für seine Mitglieder gleiche Handelsspannen mit den verschiedenen Verlagen aus. Ein Urteil in der Streitsache wird das Gericht erst am 14.Februar verkünden.
Ersten Andeutungen von Verhandlungsteilnehmern lässt sich jedoch entnehmen, dass die Entscheidung für den Grosso-Verband negativ ausfallen könnte. Laut dpa sagte der Vorsitzende Richter Bernd Paltzer, die Kammer könne eine Gefährdung der Pressefreiheit bei einem Aufweichen des derzeitigen Systems nicht erkennen. Der Grosso-Vorstand hat sich derzeit zu Beratungen zurückgezogen.
Fiele das Verhandlungsmandat des Grosso-Verbands, könnten allerdings folgende Szenarien drohen: Marktmächtige Verlage wie Bauer könnten einzelne Grossisten in den Margenverhandlungen unter Druck setzen, um für sich bessere Konditionen auszuhandeln. Dies ginge zu Lasten kleinerer Verlage, für die sich der Zugang zu einem Platz im Regal verteuern würde - mit möglichen Auswirkungen auf die Pressevielfalt.
Fällt das Verhandlungsmandat, stünde auch die Alleinauslieferung eines Grossisten in seinem Gebiet zur Disposition. Er wäre ausspielbar gegenüber beispielsweise einem Nachbar-Grossisten und müsste sich auf einen Wettbewerb der Konditionen einlassen. Bauer hatte erst im Herbst vor dem BGH erstritten, dass ein Verlag einem Grossisten jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen darf.
Die Neutralität gegenüber allen Marktteilnehmern - eine der Grundlagen des jetzigen Grosso-Systems - ließe sich so kaum mehr aufrechterhalten. Marktmächtige Verlage könnten einzelne Grossisten gegeneinander ausspielen und sich so zu günstigen Konditionen die besten Plätze im Kiosk sichern. "Wenn Verlage bilateral mit einzelnen Grossounternehmen verhandeln, ist die Neutralität ernsthaft gefährdet," fürchtet der Grosso-Vorsitzende Frank Nolte.
Kartellrechtler im Wirtschaftsministerium hatten früh davor gewarnt, Grundlagen des Grosso-Systems vor Gericht zu verhandeln. Denn es beruht auf kartellrechtlich geduldeten Absprachen zwischen Verlagen und dem Grosso. Zugrunde liegt die Annahme, dass in einem wettbewerbsfreien Vertriebsnetz die Überallerhältlichkeit und Vielfalt des Kulturgutes Presse am effizientesten gesichert werden kann. Rechtlich einklagbar ist das allerdings nicht.
Auf Appelle des Verlegerverbands VDZ, sich außergerichtlich zu einigen, hatte Bauer nicht reagiert. Dem Verlag, der den Verband Ende 2010 verlassen hat, geht es darum, entgegen des eingeübten Branchenkonsenses betriebswirtschaftliche Vorteile durchzusetzen. Damit gerät das politisch gewollte System ins Wanken.
Politiker aller Parteien haben sich deswegen bereits damit befasst, das Grosso-System im Notfall gesetzlich abzusichern. Die Verlegerverbände VDZ, BDZV und das Grosso wollen dazu einen Vorschlag für einen Gesetzestext in die derzeit laufende Kartellrechtsnovelle einbringen.