
BGH-Urteil: "Stumme Verkäufer" sind erlaubt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Einsatz sogenannter "stummer Verkäufer" zum Zeitungsvertrieb erlaubt. Das Gericht hat eine Klage des "Tagesspiegel" und des Berliner Verlags gegen Axel Springer abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Einsatz sogenannter "stummer Verkäufer" zum Zeitungsvertrieb erlaubt. Das Gericht hat eine Klage des "Tagesspiegel" und des Berliner Verlags gegen Axel Springer abgewiesen. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Beide Kläger wollten Springer die geplante Aufstellung von 1000 "stummen Verkäufern" zum Vertrieb der Tabloid-Zeitung "Welt kompakt" in Berlin verbieten lassen.
Der BGH urteilte jedoch, es bestehe keine Gefahr, dass Konkurrenten durch die Boxen aus dem Markt gedrängt würden. Bei den "stummen Verkäufern" sind die Kunden zwar zur Zahlung von 70 Cent aufgefordert. Dennoch ist der Diebstahl der Zeitung möglich. Die Kläger hielten das für wettbewerbswidrig. Der BGH-Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm hatte in der Verhandlung am Donnerstag an ein Grundsatzurteil von 1996 erinnert. Hier hatte der BGH den Einsatz von "stummen Verkäufern" als Wettbewerbsverstoß untersagt.
Allerdings müsse die damalige Rechtsprechung im Licht zweier Urteile vom November 2003 gesehen werden. Darin hatte der BGH-Wettbewerbssenat die Verbreitung der Gratis-Blätter "20 Minuten Köln" und der Freiburger "Zeitung zum Sonntag" erlaubt, weil Neulinge auf dem Zeitungsmarkt sonst kaum Chancen gegen die "Platzhirsche" hätten. "Die Welt ist nicht mehr ganz so wie 1996", hatte Bornkamm geäußert.
Aus Sicht der Kläger-Anwältin Cornelie von Gierke gefährden "stumme Verkäufer" den Wettbewerb. Sie hatte argumentiert, dass die eigentlich entgeltpflichtigen Zeitungen faktisch gratis abgegeben und damit Kunden übertrieben angelockt würden. Die "stummen Verkäufer" dienten der Steigerung der Auflage und damit der Anhebung der daran gekoppelten Anzeigenpreise. "Geradezu rührend" nannte von Gierke die geplanten Hinweisschilder, Diebstahl werde strafrechtlich verfolgt und Kontrolleure seien im Einsatz.
Springer-Anwalt Reiner Hall bestritt einen faktischen Gratisvertrieb. "Welt kompakt" wende sich an Leser, die eine größere
Hemmschwelle hätten, etwas zu stehlen.