
Rechtsstreit:
BGH: "Monsterbacke"-Werbung ist nicht irreführend
Der "Monsterbacke"-Streit rund um Ehrmann ist immer noch nicht endgültig geklärt. Zwar hält der BGH die Werbung nicht für irreführend. Doch der Fall beschäftigt weiter die Gerichte.
Der umstrittene Milch-Slogan der Molkerei Ehrmann auf der Verpackung ihres Kinderquarks "Monsterbacke" führt Eltern zwar nicht in die Irre. Er darf aber nur zusammen mit speziellen gesundheitsbezogenen Hinweisen verwendet werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschieden. Welche zusätzlichen Angaben das genau sein müssen, soll nun das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klären. (Az.: I ZR 36/11)
In dem Rechtsstreit geht es um folgenden Spruch auf der Verpackung des Früchtequarks: "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Wettbewerbszentrale hatte Ehrmann deshalb wegen Irreführung verklagt. Die Molkerei verwendet den Spruch wegen des Prozesses derzeit nicht.
Bei dem Früchtequark handele es sich erkennbar um ein Produkt, das sich von Milch unterscheide, entschied der BGH nun. "Der Verbraucher weiß, dass Früchtequark mehr Zucker hat als Milch", sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher in Karlsruhe.
Nach dem Europarecht brauche ein solcher Slogan jedoch zusätzliche Angaben. Um über die genauen Hinweise zu entscheiden, wies der BGH den Fall an das OLG Stuttgart zurück.
Die wichtigsten Fakten zu diesem Fall:
Worum geht es?
Um den Slogan: "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Das stand auf der bunten Verpackung eines Früchtequarks der Firma Ehrmann mit dem Namen "Monsterbacke". Der Quark ist hauptsächlich für Kinder und Jugendliche gedacht. Das Allgäuer Unternehmen verwendet die umstrittene Werbeaussage wegen des Prozesses seit über einem Jahr nicht mehr.
Wer hatte Ehrmann verklagt?
Die Wettbewerbszentrale. Sie hält den Spruch für "irreführend", da er bei Verbrauchern falsche Hoffnungen wecken könnte. Der Quark enthalte viel mehr Zucker als reine Milch. Darauf sei auf der Verpackung nicht hingewiesen worden.
Was sagt nun der BGH dazu?
Eine Irreführung sieht das Gericht nicht. Eltern sei klar, dass mehr Zucker in dem Quark sei: Der Quark enthalte zwar etwa 2,7 mal mehr Zucker als reine Milch, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Büscher in Karlsruhe. "Es gibt jedoch keinen Hinweise dafür, dass Übermengen zugesetzt worden sind". Dennoch wollen die Richter den Slogan nur mit Zusatzhinweisen erlauben. Das ergebe sich aus dem europäischen Recht.
Was sagen diese europäischen Vorgaben?
Dabei geht es um die sogenannte Health-Claims-Verordnung. Sie regelt, welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben die Hersteller bei der Werbung für ihre Produkte machen dürfen und welche nicht. Damit sollen Verbraucher vor irreführenden, wissenschaftlich nicht belegten Angaben geschützt werden.
Welche zusätzlichen Angaben will der BGH?
Das ist noch offen. Denkbar wäre etwa ein Hinweis, dass der Verbraucher sich ausgewogen und gesund ernähren soll. Oder wie viel man von dem Quark höchstens essen sollte. Welche Hinweise nun genau auf die Verpackung müssen, soll deshalb das Oberlandesgericht Stuttgart entscheiden. Es ist zuständig, weil in Leonberg bei Stuttgart der Vertriebssitz von Ehrmann liegt. Die Frage könnte zwischen der Wettbewerbszentrale und Ehrmann noch einmal zu heftigen Diskussionen im Gerichtssal führen.
Was bedeutet die Entscheidung allgemein für Werbung, die an Kinder gerichtet ist?
"Das Urteil ist keine Absage an Kinderwerbung", erklärt Antje Dau von der Wettbewerbszentrale. Unternehmen müssen sich jetzt aber genau überlegen, welche Slogans sie verwenden.
Wenn Eltern laut BGH so klug sind - warum dann Zusatzhinweise?
Zusätzliche Hinweise seien notwendig, wenn man an die vielen Kinder mit krankhaftem Übergewicht oder Diabetes denke, sagte die BGH-Anwältin der Wettbewerbshüter in Karlsruhe. "Die Verbraucher haben das Recht auf ordentliche Information. Was drin ist muss auch draufstehen", kommentierte die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz Renate Künast (Grüne).
Was sagt Ehrmann?
"Wir wollten nie die Verbraucher täuschen", sagt Ehrmann-Sprecher Gunther Wanner. Deshalb habe die Molkerei den Spruch nicht mehr auf die Verpackung gedruckt - obwohl er 20 Jahre lang dort stand.