Aust über den "Spiegel": "Am Ende war ich heilfroh, dass ich da raus war"
"Man hätte meinen Abgang auch eleganter lösen können", sagt Ex-"Spiegel"-Macher Stefan Aust. Im Interview mit dem Männermagazin "GQ" offenbart der Journalist auch, dass er sich mit N24 einen Traum erfüllt hat.
Drei Jahre nach dem Ausstieg als Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" scheint Ex-Chefredakteur Stefan Aust das holprige Ende verdaut zu haben. Im Interview mit dem Männer-Stil-Magazin "GQ Gentlemen’s Quarterly" zieht der 65-Jährige nun Bilanz: "Ich habe das 13 Jahre lang gemacht, hab da eine sehr gute Zeit gehabt, aber eigentlich war es zu lang. Es ist eine unglaublich reizvolle Aufgabe, spannend, aber auch ziemlich aufreibend." Zu seinem Ausstieg im monatelangen Streit sagt Aust heute: "Zum Schluss etwas unerfreulich, man hätte meinen Abgang auch eleganter lösen können." Stefan Aust weiter: "Aber am Ende war ich heilfroh, dass ich da raus war."
Die Arbeit seines Nachfolgers beim "Spiegel" beobachtet Aust wohlwollend. "Georg Mascolo ist nicht nur ein alter Kollege, sondern auch ein guter Freund. Die Chance, die er jetzt hat, die hat er verdient. Übrigens fand ich die Entscheidung richtig, die Doppelspitze wieder aufzulösen. Ich war der einzige Chefredakteur beim ,Spiegel’, der es über einen langen Zeitraum allein gemacht hat. Zuvor gab es immer Doppelspitzen. So etwas funktioniert meistens nicht richtig. Einer muss die Verantwortung tragen, sonst gibt es ein ewiges Hin und Her – und keiner will es gewesen sein, wenn was schiefgeht", so der frühere "Spiegel"-Macher.
Die Zeit der Printmedien sei keinesfalls vorbei, so Aust weiter im Gespräch mit dem Condé-Nast-Blatt. Stefan Aust sieht die Verlage aber unter Zugzwang: "Ein klassisches Nachrichtenmagazin könnte auf Dauer nicht überleben. Selbst wenn man exklusive Nachrichten hat, was auch nicht jeden Tag der Fall ist, sind die veraltet, bevor die Druckmaschinen angelaufen sind. Sie müssen also sehr viel mehr in die Tiefe gehen, Hintergründe ausleuchten, Zusammenhänge herstellen. Und vor allem eigene Einfälle haben. Sie müssen eine eigene Position einnehmen." Die Schlacht werde jede Woche am Kiosk neu geschlagen.
Dass er heute als Mitinhaber des Nachrichtensenders N24 weiterhin im News-Geschäft mitwirkt, stimmt Stefan Aust zufrieden. Eine Kaufentscheidung, die "das Wichtigste war, was ich je gemacht hab", so Aust in "GQ". Er gibt zu: "Ich hatte immer den Traum, einen eigenen Fernsehsender zu haben. Ich war nicht gern Angestellter. Angestellter möchte ich nicht mehr sein, höchstens bei mir selbst." Fernsehen sei, so Stefan Aust, hierzulande "nach wie vor das Hauptmedium." Die Qualität des deutschen Fernsehens sei insgesamt außerordentlich gut. Privat-TV sieht der langjährige Chef von Spiegel TV dennoch in einer Zwickmühle: "Für die Privaten ist es schwer, dagegenzuhalten. Wenn Sie einen Bereich wie den Informationssektor betrachten: Der kostet viel Geld und bringt wenig Quote."
Der Journalist zeigt sich im "GQ-Interview" trotz eines weiterhin hohen Arbeitspensums freier als zu "Spiegel"-Zeiten. "Ich hatte und habe reichlich zu tun. Aber ich bin natürlich nicht mehr so in einen Apparat eingespannt. Früher habe ich zu jeder Tages- und Nachtzeit überlegt, was wir auf den Titel setzen. Ich hab schon mitten auf dem Atlantik neue Titel gemacht und über Satellit geschickt – oder von Lhasa aus per Internet", erzählt Aust. Er kokettiert: "Rentner, der Typ bin ich nicht. Kann ich mir auch gar nicht leisten."