"Gegengewicht zu monopolistischen Algorithmen"

"Unsere Log-in-Allianz bietet den Nutzern ein einfaches Registrierungs- und Anmeldeverfahren für die Angebote und Dienste der Teilnehmer", erklärt Anke Schäferkordt, Chefin der Mediengruppe RTL. "Sie gewährleistet unseren Nutzern jederzeit Transparenz und vollständige Kontrolle beim Umgang mit den eigenen Daten im Netz." Ralph Dommermuth, Gründer und Vorstandschef der United Internet AG spricht "von einem wichtigen Schritt zu mehr Datensouveränität für den Nutzer". Gemeinsames Ziel sei es, "den Verbrauchern eine sichere, europäische Alternative zur Registrierung bei unterschiedlichen Internetdiensten zu bieten".

Gleichzeitg positioniert sich das neue Konsortium auch wirtschaftlich gegen die großen amerikanischen Rivalen. "Wir stärken den deutschen Digitalmarkt, indem wir ein Gegengewicht schaffen zu den monopolistischen und intransparenten Algorithmen der US-Spieler", sagt Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media SE. Zalando-Gründer Robert Gentz hebt die "sichere und unkomplizierte Log-in-Möglichkeit sowie eine transparentere Datenverwaltung", hervor. Das sei auch im Interesse des Kunden.

ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling

ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling

Zwar ist die Initiative der Medienhäuser nicht in erster Linie ein Vermarktungsbündnis, wie in den letzten Wochen spekuliert wurde. Dennoch hat die Allianz eine Menge mit Werbung und Targeting zu tun. Der gemeinsame Multi-Log-in soll auch die Position der Partner gegenüber den Digital-Multis Google und Facebook auf dem digitalen Werbemarkt stärken. Die machen seit Jahren vor, wie wertvoll plattform-übergreifende Log-in-Daten im Vermarktungsgeschäft sind. Millionen Online-Dienste weltweit bieten ihren Nutzern die Möglichkeit an, sich mit ihrem Facebook- oder Google-Profil anzumelden. So können die US-Konzerne das Surf- und Konsumverhalten ihrer Nutzer auch außerhalb der eigenen Silos weiterverfolgen.  

Ein gemeinsamer Datenpool sei nicht geplant, heißt es. Datenpooling und Datenaustausch zwischen den Teilnehmern zu Vermarktungszwecken soll aber durchaus stattfinden – allerdings nur, wenn die Nutzer dem explizit zustimmen.

RTL-Gruppen-Chefin Anke Schäferkordt

RTL-Gruppen-Chefin Anke Schäferkordt

Weitere Bündnispartner gesucht

Ihren Nutzern wollen die Unternehmen eine "stärkere Kontrolle über die eigenen Daten garantieren". Dazu dienen so genannte  Privacy-Center bei den jeweiligen Account-Betreibern. Dort können User Einwilligungen – unter anderem zur Weitergabe von Daten zu Werbezwecken – und Passwörter zentral verwalten. Über die Einhaltung der Datenschutz-Standards soll eine gemeinsame Stiftung wachen. Ein regelmäßiges Auditing soll das Modell zudem regelmäßig überprüfen.

Die neue Log-in-Allianz der Medienunternehmen erinnert sehr ein anderes Projekt: Im Mai kündigten die Konzerne Daimler, Deutsche Bank, Allianz und Axel Springer an, unter dem Arbeitstitel DIPP ebenfalls gemeinsam einen Generalschlüssel fürs Netz zu entwickeln. Die Frage ist nun, welches System sich im deutschsprachigen Web durchsetzen wird. Die Log-in-Alliierten setzen jedenfalls auf schnellen Zulauf von weiteren Bündnispartnern. "Weitere Unternehmen sind explizit eingeladen, sich uns anzuschließen", erklärt ProSiebenSat.1-CEO Ebeling.

Die Lösung sei ein "offener Standard" und stehe "jedem Internet-Dienst" zur Verfügung, heißt es in der Mitteilung. Eine Mitgliedschaft in der Stiftung ist nicht notwendig, um das System zu nutzen. Die Gründungsunternehmen deuten aber die Möglichkeit an, mit anderen Initiativen wie DIPP zu kooperieren. Man sei "offen dafür, auch mit anderen Initiativen gemeinsame Standards zu schaffen", so die Erklärung.

Die Log-in-Allianz will ihr System noch in diesem Jahr umsetzen und offiziell im kommenden Jahr einführen. Ein genauer Start-Zeitpunkt steht noch nicht fest.

Eine ausführliche Analyse und weitere Hintergründe zur Log-in-Allianz lesen Sie in der kommenden Ausgabe von W&V. Mehr zum Thema Big Data in unserem großen Dossier.


Autor: Thomas Nötting

ist Leitender Redakteur bei W&V. Er schreibt vor allem über die Themen Medienwirtschaft, Media und Digitalisierung.


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