"Angela Merkel als Marke ist moderner als Adidas, Fridays For Future, Google und Volkswagen zusammen."

Zitat: Mike Kleiß

In einer modernen Welt sind – und das ist sicher unstrittig – Achtsamkeit, Nachhaltigkeit und Diversität Werte, die dringend besser in unserer Gesellschaft verankert werden müssen. Moderne Marken haben diese Werte längst in ihrem Purpose integriert. So auch Angela Merkel. Aber: Das weiß nur sie. Und sie hütet dieses Geheimnis.

Wenn eine Bundeskanzlerin-Marke 16 Jahre lang „gekauft“ wird, dann ist sie definitiv nachhaltig. Wenn eine Bundeskanzlerin-Marke die heftigste Entscheidung der Corona-Krise zurücknimmt und sich dafür entschuldigt, dann ist das sowas von achtsam. Und dann ist es auch noch eine Frau, die sich vor die Haie stellt, die Schwäche eingesteht. Wie unfassbar stark ist das bitte?

Das ist die gelebte Diversität der Bundeskanzlerin-Marke. Mit ihren 66 Jahren ist Angela Merkel als Marke moderner als Adidas, Fridays For Future, Google und Volkswagen zusammen. All das wird mit dieser einen Entschuldigung gerade sichtbar. Und noch viel mehr! Denn nun entzaubern sich in unfassbarer Geschwindigkeit die „Merkel-Haie“. Ob Medien, Polit-Konkurrenten oder Experten, es ist die Zeit der alten weißen Männer.

"Die Rechnung der alten weißen Männer geht einfach nicht auf."

Zitat: Mike Kleiß

Für sie muss es schier unerträglich sein, dass sie ausgerechnet von einer Frau vorgeführt werden. Dass es eine Frau auf dieser Position schafft, „Entschuldigung“ zu sagen, und sie nicht. Weil sie nicht den Mut haben, schwach zu sein. Und noch immer nicht verstehen, wie stark eigentlich Schwäche sein kann. Und diese Erkenntnis macht die Haie noch rasender.

Wie zum Beispiel Wolfgang Bosbach, der wie Grumpy Cat beleidigt bei Bild.de wetterte: „Das hat mit guter Regierungsarbeit nichts zutun.“ FDP-Chef Christian Lindner und der Fraktionschef der Linken Dietmar Bartsch forderten die Bundeskanzlerin auf, die Vertrauensfrage zu stellen. In den sozialen Netzwerken brachten sich die Hater-Haie beinahe verbal gegenseitig um.

Mit dieser Entschuldigung Merkels geht die Rechnung der alten weißen Männer einfach nicht auf. Und das ist eigentlich das Schlimme. Sie alle hatten Merkel fast auf den Knien, dachten sie. Markus Söder und Jens Spahn feierten gefühlt wilde Partys in einer Berliner Grunewald-Villa, Christian Lindner brachte den Wein mit.

"Mit einer einzigen Entschuldigung pflegt sie ihre Marke."

Zitat: Mike Kleiß

Man mag gar nicht wissen, welche Pläne schon für die Zeit nach Merkel gemacht worden sind. Und nun merkt man: Sie ist immer noch da. Sie ist stärker denn je, mit einer einzigen Entschuldigung pflegt sie ihre Marke. Selbst zum Ende ihrer Amtszeit gelingt es ihr, den Bundeskanzlerin-Brand zu transformieren, während andere noch nicht einmal wissen, was das überhaupt bedeutet. 

Merkel schaff es im Übrigen nicht nur, ihre eigene Marke zu pflegen. Sie kümmert sich zudem noch um den Markenkern ihrer Partei, der CDU. Die Christlich Demokratische Union braucht dringend Pflege, das weiß auch die Kanzlerin. Jeder weiß, dass Christen im Vaterunser um Vergebung bitten. „Und vergib uns unsere Schuld“ heißt es dort.

So ist es sicher kein Zufall, dass Merkel in ihrer Erklärung die Schuld komplett auf sich nimmt. Die Pfarrerstochter hat einfach an alles gedacht. Die mächtigste Frau der Welt hat sich selbst erniedrigt, sich menschlich gezeigt, Fehler eingestanden. Die alten weißen Männer müssen schnell von ihr lernen, wie Marke geht. Wie moderne Führung geht. Es bleibt nicht mehr viel Zeit. 


Autor: Mike Kleiß

Mike Kleiß ist Gründer und CEO der Kommunikationsagentur GOODWILLRUN. Für Focus-Online schreibt der passionierte Läufer als Kolumnist, in seinen Podcasts spricht er über Hunde und Fussball. Als Kommunikations-Stratege berät er internationale Marken. Der gelernte Journalist lebt für Marken und Medien, und darüber schreibt er regelmäßig bei W&V.