
Adel bevorzugt: "Gutes Benehmen zahlt sich aus"
Wenn William seiner Kate das Ja-Wort gibt, erreicht der Zauber um Prinzen und Grafen seinen Höhepunkt. Auch in den Medien wird gerade eifrig über "die heimliche Macht des Adels" diskutiert. W&V wollte im Interview mit Headhunter Christian Hirsch wissen, ob die A-Klasse tatsächlich die besten Jobs der Branche zugespielt bekommt.
Im Redaktions-Brainstorming wurde die Liste von Adligen in angesehenen Medien-Positionen doch länger als gedacht: Alexander Graf von Schwerin, Sebastian Graf von Bassewitz, Alexander von Reibnitz und Nikolaus von der Decken sind nur einige Beispiele. Auffällig ist vor allem die vergleichsweise hohe Adelsquote beim Verband Deutscher Zeitungsverleger. Das Organigramm des VDZ mit Namen wie v. der Schulenburg, v. Maltzahn und v. Jagow liest sich streckenweise wie die Offiziersliste eines preußischen Garderegiments.
Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich, dass dies kein Zufall sei, der VDZ würde Von und Zus bevorzugt einstellen. Kommunikations-Geschäftsführer Peter Klotzki findet die Adelsquote im Verband allerdings weniger untypisch als es auf den ersten Blick scheinen mag: "Der Adelsanteil im Zeitschriftenbereich ist - wie zum Beispiel auch im diplomatischen Dienst - generell etwas höher als in anderen Branchen", erklärte er auf W&V-Anfrage. Meinen könnte er erfolgreiche Verleger und Verlagsmanager wie Yorck von Heimburg (IDG), Moritz von Laffert (Condé Nast), Vernon von Klitzing (Burda) oder Waltraut von Mengden (MVG). Insofern sei der VDZ "auch ein Spiegel der Branche", heißt es beim VDZ offiziell.
W&V hat bei Headhunter Christian Hirsch nachgefragt, ob in der Medien- und Marketingbranche das blaue Blut regiert. Christian Hirsch ist Partner bei der Personalberatung Civitas International. Zuvor war er u.a. Geschäftsführer von "Bunte" beim Verlag Hubert Burda Media, dessen Nachrichtenmagazin "Focus" diese Woche titelt: "Die heimliche Macht des Adels: Netzwerke, Karrieren, Selbstbewusstsein".
Herr Hirsch, William und Kate heiraten und verleihen Adelstiteln wie Prinz, Graf und Baron neuen Glanz. Wie sieht es damit in der glamourösen Welt der Medien aus?
Einen Adelstitel zu besitzen bringt bei einem Einstellungsgespräch heute weder Vor- noch Nachteile. Außerdem gibt es gerade in der Medien- und Marketingbranche gar nicht so viele Adelige.
Waltraut von Mengden, Geschäftsführerin Marquard Media, Moritz von Laffert, Deutschlandchef von Condé Nast, Sebastian Graf von Bassewitz, Vize-Chef bei "Bunte", Jean-Remy von Matt von der Agentur Jung von Matt, Alexander Graf von Schwerin, Geschäftsführer National Geographic Deutschland, Alexandra von Rehlingen von Schöller von Rehlingen...
Sie alle haben einen super Job gemacht! Nehmen Sie Jean-Remy von Matt: Welchen härteren Beruf als Chef einer Top-Agentur gibt es denn? Diese Position hat er nicht, weil vor dem Matt ein von steht, sondern weil er sein Geschäft beherrscht. Auch die anderen von Ihnen Genannten stehen durch die Bank für hervorragenden Leistungen.
Adelige Herkunft spielt bei der Besetzung von wichtigen Positionen tatsächlich gar keine Rolle?
Gute Herkunft hat natürlich zuweilen schon diverse Vorteile. Beispielsweise wird in Adelskreisen in der Regel auf gutes Benehmen großen Wert gelegt: Adelige lernen sich höflich zu benehmen und auszudrücken, Small Talk bei Tisch zu führen und wissen, wie man ein Fischmesser benützt. Sehr viele Adelige fördern ihre Kinder aber auch über eine vernünftige Schulausbildung, so wie es eigentlich jede Familie tun sollte. Das heißt nicht, dass Adelige ihren Nachwuchs gleich nach Salem oder Oxford schicken - ganz im Gegenteil: Viele von ihnen sind erstaunlich down to earth und führen ein ganz normales Leben. Da ist nicht viel mit Glamour.
Treten Adelige selbstbewusster auf als andere Bewerber ?
Bei den Adeligen, die ich kenne, kann ich das nicht sagen. Viele von ihnen zeigen lediglich sehr gute Manieren und ein ausgesprochen höfliches Verhalten. Einige versuchen sogar ganz bewusst, mit ihrer Herkunft nicht aufzufallen und verzichten im täglichen Umgang auf das Adelsprädikat in der Anrede.
(is/fz)