AdBlock Plus/Eyeo:
Adblocker-Urteil: Auch RTL und ProSiebenSat.1 kassieren Schlappe
Auch die Münchner Richter kommen zu dem Schluss, dass sich das AdBlock-Plus-Geschäftsmodell der Firma Eyeo innerhalb der Grenzen des lauteren Wettbewerbs bewegt.
ProSiebenSat.1 und RTL haben den Prozess gegen den Werbeblocker "AdBlock Plus" von Eyeo verloren. Das Gericht hat am Mittwoch beide separat eingereichten Klagen zurück geweisen. Und die Richter fügen einen Rat hinzu: Es sei nun an der Klägern, Modelle zu entwickeln, wie sie die Nutzer für ihr Geschäftsmodell "Inhalte gegen (aufmerksamkeitserregende) Werbung" gewinnen könnten. Damit kommen die Münchner Richter unterm Strich zum gleichen Ergebnis wie vor einigen Wochen ihre Kollegen in Köln und Hamburg. Am Landgericht Köln hatten Axel Springer beziehungsweise am Landgericht Hamburg "Handelsblatt" und "Zeit" gegen Eyeo geklagt. Ebenfalls vergeblich.
Die Münchner Richter der Wirtschaftskammer kommen zu dem Schluss, dass sich das Geschäftsmodell der beklagten Firma Eyeo innerhalb der Grenzen des lauteren Wettbewerbs bewegt. Es greife nicht unmittelbar in den Geschäftsbetrieb der Klägerin ein, da es den Nutzern lediglich – wenn auch möglicherweise in erster Linie im eigenen finanziellen Interesse – Handlungsoptionen ermögliche. Das kleine Programm AdBlock Plus filtert im Browser der User nahezu die gesamte Werbung auf Websites heraus. Passieren kann lediglich nach Eigendefinition akzeptable Werbung, sofern sie unaufdringlich ist. Dem entsprechen im Wesentlichen Textwerbeformate. Großunternehmen berechnet Eyeo eine Gebühr für die Durchleitung. Zu den zahlenden Unternehmen gehören unter anderem Google, Yahoo, Amazon, eBay und United Internet. Ein Modell, das die Kläger als "Wegelagerei" bezeichnen.
Daneben betonen die Richter in jeweils über 70 Seiten umfassenden Begründungen, dass die Nutzung eines Adblockers eine freie Entscheidung der User sei. Selbst die Tatsache, dass die Geschäftsgrundlage gefährdet sei, wie die Kläger aus dem Medienreich stets argumentierten, spiele keine Rolle. "Niemand kann im Interesse anderer Konsumenten der "Zwangsgenuss" bestimmter Leistungen aufoktroyiert werden mit dem Argument, dass bei fehlender Nachfrage diese Leistung nicht mehr finanzierbar sei (…)"
Eyeo sieht in dem Urteil einen Sieg für alle Internet-Nutzer und damit für alle Verbraucher:
"Das Gericht hat ihnen ihr Recht bestätigt, sich gegen nervige Internet-Werbung zur Wehr zu setzen."
Gleichzeitig würde sich Eyeo freuen, wenn mehr und mehr Content-Provider künftig auf die Interessen ihrer Nutzer hören und Werbung einfach weniger störend machen würden. Ganz anders sieht das – naturgemäß – Thomas Port aus der Geschäftsführung des ProSiebenSat.1-Vermarkters SevenOne Media:
"Heute ist auch ein trauriger Tag für die Internetnutzer, denn AdBlock Plus bedroht die Finanzierungsgrundlage aller kostenlosen Internetangebote. Wir werten das Angebot nach wie vor als einen urheber- und kartellrechtlich unzulässigen und wettbewerbswidrigen Angriff auf die Medienvielfalt und Pressefreiheit und werden daher die Berufungsaussichten und weitere rechtliche Schritte gegen Eyeo prüfen."