Abschied von der reinen App-Lehre: Das Interview mit Wolfgang Blau
Die iPad-optimierte Website der "Zeit" sorgt weltweit für Gesprächsstoff. Denn sie passt nicht zum gängigen Verleger-Mantra, wonach der Weg in den digitalen Umsatzhimmel nur über Apps führen kann. W&V Online hat darüber mit Zeit.de-Chef Wolfgang Blau gesprochen.
Die iPad-optimierte Website der "Zeit" sorgt weltweit für Gesprächsstoff. Denn das neue Angebot passt nicht zum gängigen Verleger-Mantra, wonach der Weg in den digitalen Umsatzhimmel nur über Apps führen kann. W&V Online hat darüber mit Zeit.de-Chefredakteur Wolfgang Blau gesprochen.
Wenn Sie das "klassische Web" mit dem iPad verknüpfen, brauchen Sie doch eigentlich keine iPad-App mehr, oder?
Wir haben das iPad nicht mit dem Web verknüpft, das iPad war schon immer mit dem offenen Web verbunden und ist ab Werk mit dem Safari-Browser bestückt. Die enormen Möglichkeiten des iPad als Surf-Device wurden aber in der verständlichen App-Euphorie der ersten Monate vielleicht etwas übersehen. Wir gehen davon aus, dass es verschiedene Nutzertypen für das iPad gibt. Es gibt Nutzer, die sich lieber an Apps orientieren und andere, die das iPad primär zum Surfen via Browser benützen. Für beide Nutzertypen wollen wir attraktive Angebote schaffen. Die kostenpflichtige Digital-Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" wird es aber selbstverständlich auch weiterhin nur innerhalb unserer Bezahl-App und in unserem kostenpflichtigen Premium-Bereich geben. Unsere App bietet außerdem komfortable Funktionen wie "Download to Go" an, die Sie auf unserer offenen iPad-Website nicht finden.
Verabschieden Sie sich damit nicht trotzdem vom Geschäftsmodell der Bezahl-Apps?
Im Gegenteil: Über unsere iPad-optimierte Site haben wir die Möglichkeit, noch mehr iPad-User als bisher zielgenau auf unsere kostenpflichtigen Apps aufmerksam zu machen. Jeder durchschnittliche iPad-Surfer hat ja auch einen Store-Account und ist damit auf unserer iPad-Site nie weiter als einen Klick vom App-Store entfernt. Unsere reichweitenstarke iPad-optimierte Site und unsere kostenpflichtigen Apps werden sich also gegenseitig stärken. Beispielsweise können wir nun aus kostenpflichtigen Apps heraus auch auf weiterführende, gebührenfreie Inhalte verlinken, die bereits für das
iPad optimiert sind und erreichen zugleich über die offene Site noch mehr potenzielle App-Käufer.
Wie wollen Sie es denn grundsätzlich mit dem Thema Paid Content halten?
Zeit Online erwirtschaftet mit kostenpflichtigen Premium-Angeboten schon heute stattliche Umsätze und wird in Zukunft weitere Premium-Produkte anbieten. Unsere Verlagskollegen verzeichnen aber auch rasant wachsende Umsätze mit großflächigen Display-Anzeigen. Aus meiner Perspektive als Redakteur steckt Online-Werbung noch in den Kinderschuhen und beginnt gerade erst, ihr wahres Potenzial zu entfalten. Dazu gehört auch eine Ausdifferenzierung des Online-Werbemarktes in Angebote, die auf schiere Masse setzen und in Premium-Angebote wie Zeit Online, die eine qualifzierte Zielgruppe ansprechen und sich durch hohe redaktionelle Qualität, den Verzicht auf Boulevardisierung und durch gutes Design auszeichnen, das dem jeweiligen Medium optimal entspricht, sei es ein Mobiltelefon, ein Desktop-PC oder ein iPad.