
Gastkommentar von Nenad Miljkovic :
8 Wege, im Sport-Sponsoring Geld zu verbrennen
Klassisches Sport-Sponsoring nach Gutsherrenart ist 1977. Trotzdem wird damit immer noch viel Zeit und Geld verschwendet. Warum eigentlich?

Foto: Brand Spiders
Gefühlt sind 90 Prozent aller Sponsorings reine Geldverbrennungsmaschinen. Das Problem ist, dass es bei vielen Unternehmen an vorhandenen Strukturen, Prozessen und leider auch der Strategie und dem Aktivierungs-Know-How fehlt, um große Sponsoring-Deals vernünftig einzutüten und gar erst zu aktivieren.
Davon profitieren auf der einen Seite die großen Vermarkter, die ihre pauschalen Salesangebote teuer an die Unternehmen verkaufen, die dann im worst case nur einen Bruchteil der enthaltenen Rechte nutzen, und auf der anderen Seite die Vereine, die auch vom Verkauf pauschaler Pakete und von ungenutzten Rechten profitieren.
Sollten sie gerade vor der Entscheidung stehen, einen Sponsoring-Deal zu unterschreiben, oder vor einem Sponsoring-Audit stehen, dann hoffe ich, dass diese Tipps sie vor einer Geldverbrennung schützen werden:
1.
Persönliche Vorlieben und andere subjektive Entscheidungen
Sponsoring-Verträge müssen zur Marken- und Kommunikations-Strategie eines Unternehmens passen. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass der CEO einen Vertrag unterzeichnet, der rein auf seinen persönlichen Beziehungen und Interessen beruht. Solche Entscheidungen passieren jedoch nicht nur dem CEO. Wenn z.B. ein Kanal nur deshalb ausgewählt wurde, weil der Marketing-Chef diesen Kanal im privaten Bereich bevorzugt nutzt, ist es mehr als fragwürdig, welchen Mehrwert die Strategie für das Unternehmen tatsächlich haben wird.
Empfehlung: Definieren sie zu allererst die Sponsoring-Ziele. Das SMART-Prinzip kann hierfür eine hilfreiche Stütze sein. Zusätzlich bilden professionelle Marktanalysen eine solide Basis für die geeignete Sponsoring-Strategie. Diese beinhaltet eine Zielgruppenbeschreibung, die Auswahl von Kanälen und Kernbotschaften sowie die Customer Journey. Die Sponsoring-Strategie muss mit der Marketing- und Kommunikations-Abteilung abgestimmt werden.
2.
Unterzeichnung eines Sponsoring-Vertrags, bevor eine Aktivierungsstrategie formuliert wurde
Die Aktivierung ist das Herzstück eines Sponsoring-Engagements. Sofern beim Unterzeichnen unklar ist, wie die Marke mit potentiellen Kunden in Kontakt treten wird und wie das Engagement aktiviert werden soll, können in Zukunft schnell hohe Kosten auf die Entscheider zukommen. Vereine lassen sich gerne für neue Aktivierungen, die nicht im Vertrag geregelt sind, bezahlen.
Empfehlung: Erstellen sie zuerst ein Aktivierungskonzept. Auf dessen Basis verhandeln sie schrittweise die individuellen Rechte.
3.
Kein Budget mehr für Aktivierung
Für Sponsorings werden zum Teil enorme Summen im mehrstelligen Millionenbereich ausgegeben. Wenn aber nach Abschluss eines Deals kein ausreichendes Budget mehr für die Aktivierung zur Verfügung steht, dann können die gewünschten Botschaften nicht an die ausgewählten Zielgruppen gesendet werden und somit verpufft die Wirkung im Nichts.
Empfehlung: Planen sie für die Aktivierung im Vergleich zum Sponsoring-Volumen doppelt so viel Budget ein. Hierbei ist es auch wichtig, ausreichend Puffer für besondere Anlässe einzuplanen wie z.B. Titelgewinne, Derbys, Saisonende etc. In diesen Highlight-Phasen ist das Interesse der Sportfans am größten, was die Marke für Ihre eigene Bekanntheit und Fan Engagement nutzen kann.
4.
Die Sponsoring-Aktivierung passt nicht zu den internen Freigabeprozessen und den CI-Vorgaben
Aktivierungskonzepte leben von fortlaufender technischer Innovation und Kreativität. Während es einerseits von zentraler Bedeutung ist, die Sponsoring-Strategie mit anderen Abteilungen abzustimmen, kann dies andererseits zu großen Herausforderungen führen, wenn es um Detailabstimmungen geht.
Empfehlung: Sonder-Werbeformate brauchen Sonderregelungen. Glaubenssätze wie "so haben wir das immer gemacht" sind schnell kontraproduktiv. Sponsoring-Aktivitäten bedeuten oftmals fortlaufendes Echtzeit-Feedback für CI und die anderen beteiligten Abteilungen. Dies ist auch notwendig, um ein Real-Time Engagement mit der Zielgruppe zu ermöglichen.
5.
Reduzierung der Aktivierungsstrategie auf das Markenlogo
Bis heute gibt es Marken, die ihr Sportsponsoring auf das Markenlogo auf einem Shirt reduzieren. Beispielsweise zeigte sich Engelbert Strauss lange Zeit im Rahmen Ihrer Sponsoring-Aktivitäten in deutschen Fußballstadien nur über das Markenlogo.
Empfehlung: Für das Engagement mit der Zielgruppe benötigt eine zeitgemäße Aktivierung einen Call-to-Action und Visualisierungen. Planen sie vorab Budget und Ressourcen für die Kreation der Aktivierung ein. Nutzen sie die Möglichkeit, Ressourcen über Agenturen auszulagern und Aktivierungs-Sonderformate zu erstellen.
6.
Erstellung von Content ohne eine Strategie oder Syndication-Plan
Selbst die kreativsten Ideen werden ohne eine Content- und Distributionsstrategie keine Aufmerksamkeit erzeugen. Leider unterschätzen Unternehmen sehr oft die Distributionsmöglichkeiten im Rahmen von Sportsponsoring. Eine Studie von AOL/Nielsen zeigt, dass nur 45 Prozent der deutschen Unternehmen eine Content-Strategie einsetzen. Eine weitere aktuelle Studie von Havas ergänzt, dass 60 Prozent des produzierten Content von den Rezipienten als nicht relevant eingestuft wird.
Empfehlung: Content Excellence macht den Unterschied. Sponsoring-Verträge können eigene Content-Strategien und Distributionsmöglichkeiten schaffen, unabhängig von der klassischen Media Planung.
Als Jason Statham beispielsweise das 24-Stunden-Rennen von Le Mans besuchte, wurde der Content nicht nur auf den Social Media-Kanälen von Audi und den eigenen Kanälen des Schauspielers gespielt, sondern auch redaktionell in internationale Medien distribuiert:
Hierdurch konnte die mediale Wirkung vervielfacht werden. Eine Content Strategie und ein Content-Syndication-Plan sind wichtige Meilensteine. Diese umfassen auch ein Budget für Distribution und Content-Platzierung.
7.
Limitierung des Sponsorings auf das Unternehmen
Immer wieder vergessen Unternehmen, dass Ihre Sponsoring-Partner (Spieler, Vereine etc.) auch eigene Interessen haben, die für das Sponsoring genutzt werden können. Wenn es gelingt, die Partner ganzheitlich für eine Aktivierung zu begeistern, dann ist das Involvement der Fans umso größer. Beispielsweise wurde mit #sneakersforgood für die Laureus Foundation eine Kampagne erstellt, bei der nicht nur die Mercedes-Benz-Markenbotschafter mitwirkten, sondern bei der eine Vielzahl an Sportstars zur Aktivierung beitrugen.
Empfehlung: Ein frühzeitiger Austausch mit dem Sponsoring-Partner ermöglicht ein besseres Verständnis der Interessen und Herausforderungen. Es ist ein enormer Vorteil, wenn ein Sponsoring-Partner seine eigenen Ziele mit der Sponsoring-Kampagne unterstützen kann: Glaubwürdigkeit und Engagement der Aktivierung steigt, wenn der Sponsoring-Partner die Botschaft aktiv promotet und auf all seinen Kanälen distribuiert.
8.
Subtile Sponsoring-Aktivierung
Eine der größten Gefahren des Sportsponsorings besteht darin, dass Fans sich in Ihrem Spielgenuss beeinträchtigt fühlen.
Empfehlung: Aktivierungen, bei denen das Markeninvolvement ein eher subtiler Bestandteil ist, können ein sehr hohes Engagement von Sportfans erzielen. Die Fans können sich als Teil von etwas Größerem und Besonderem fühlen. So erschuf beispielsweise Mercedes-Benz mit der Kampagne #DerVierteStern eine Sponsoring-Kampagne, mit der die deutsche Fußballnationalmannschaft ihre Fans darum bat, sie auf dem Weg zum Gewinn der Fußball-WM zu unterstützen.
Zusammenfassung
Als Eintracht Braunschweig im Jahre 1977 das Jägermeister-Logo auf seinen Mannschafts-Shirts präsentierte, war dies eine Revolution: Die erste Sponsoring-Aktivierung der Fußball Bundesliga. 40 Jahre später erschafft die alleinige Platzierung eines Logos auf einem Banner oder T-Shirt für sich kein Engagement mehr mit den Zielgruppen und wird schnell als Spam wahrgenommen. Heute ist Sponsoring ein komplexes Feld der fortlaufenden Innovation, in dem der Content das Herzstück geworden ist.
Erfolgreiche Sponsorings müssen die Interessen der Zielgruppe treffen und Mehrwerte liefern. Falls diese Mehrwerte mit den Markenwerten übereinstimmen oder sogar mit Produkten in Verbindung gebracht werden, entsteht ein "Perfect Fit" für alle Beteiligten und ein neues Instrument: Content-basiertes Sponsoring.
Das Abrufen des vollen Potentiales aller involvierten Parteien bedeutet eine organisatorische Herausforderung. Allerdings trennt sich hier die Spreu vom Weizen. Eine Kooperation von Athleten, Vereinen, Sponsoren, Events und Medien kann den Erfolg einer Kampagne vervielfachen — für alle involvierten Parteien.
Der Autor: Nenad Miljkovic nennt sich selbst "Invisible Storyteller" und ist Managing Director bei Brand Spiders in München. Die Agentur hat sich auf Content Marketing für Sport und Sponsoring spezialisiert.