Auflagenzahlen III/2017:
6 Trends der Print-IVW
Nun verliert sogar die Landlust an Auflage! Zuwächse in Nischen können IVW-Verluste nur bedingt auffangen. Der Überblick lässt Trends erkennen.
Wenig Neues von den Auflagen der deutschen Printtitel: Sie sinken auch im dritten Quartal 2017 weiter. Vor allem vor der Gattung der Tageszeitungen macht die IVW erneut ein Minus – mit 4,39 Prozent weniger verkaufter Auflage. Der Einzelverkauf leidet dabei weiterhin besonders.
Bei den Zeitschriften bröckelt es ebenso. Hier ist in der aktuellen IVW-Ausweisung für den Zeitraum Juli bis September die gesamte verkaufte Auflage der Gattung um 1,84 Prozent zurückgegangen. Wobei erneut diverse Neugründungen in der Nische das Gesamtniveau stärken können.
Der Durchblick der für die Vermarktung relevanten IVW-Ergebnisse lässt folgende 6 Thesen zu:
Erstens. Spitz ist das neue Breit.
Blätter für große Zielgruppen leiden. Dazu zählen auch 14-tägliche Frauenzeitschriften.
Lieber ist – in diesem Fall – den Frauen konkreter auf ihre Bedürfnisse Zugeschnittenes. Was die IVW nicht zeigt, belegen aktuell erfolgreiche Neustarts wie Hygge, ein Magazin, das dänisches Glücksgefühl verströmen soll.
Auch die Erscheinungsintervalle müssen nicht so groß sein; offenbar runden derlei Printprodukte eher das immer mehr digitale Medienverhalten ab. Hier die Top-30-Liste nach prozentualem Zuwachs - in der Nische. Spitz ist das neue Breit.
Zweitens. Die Lust am Land und am Essen nimmt ab – jetzt wird eher gesund gelebt.
Landlust gehört zu den Verlierern der IVW III/2017!
Sie haben richtig gelesen – gut ein Jahr nach Einzug unters DMM-Dach gibt die Auflage beim oftmaligen Reichweitensieger der Auflagenanalyse um ein Fünftel (minus 20,47 Prozent) auf 746.772 Exemplare nach.
Liegt es an den zahlreichen Nachahmern? Möglich. Verfolger wie der Klambt-Titel Liebes Land feiern derweil im dritten Quartal 2017 einen enormen Verkaufszuwachs und ein Plus von 52 Prozent zum Vorjahr. Aber die Auflage liegt im Vergleich zum (Immer-Noch-)Branchenprimus Landlust mit 100.063 verkauften Exemplaren auf eher niedrigem Niveau.
Verloren haben auch durch die Bank fast alle Foodmagazine, selbst wenn so renommierte Verlage wie Gruner + Jahr (Essen & Trinken) dahinterstehen. Aber gerade in diesem Genre (wie auch bei den Landmagazinen) war das Gründerfieber in den vergangenen Jahren recht hoch. Wir dürfen aber gespannt sein, wie sich der Thermomix-Boom des Vorjahres im Zeitschriftenregal auswirken wird. Gekocht wird heute viel mit dem Vorwerk-Garhäcksler – ob dann auch die passenden Printmagazine rege gekauft werden, dürfte erstmals in der kommenden IVW IV/2017 bemerkbar werden.
Dafür wächst das Segment Gesundheitsmagazine – wie der angekündigte Neustart von Stern Gesund Leben unter "Chefreporter" Eckart von Hirschhausen am IVW-Tag Donnerstag belegt. Das Genre verzeichnet das ein oder andere Auflagenplus.
Drittens. Der Feind von Nachrichten und Buntem bleibt das Internet.
Dieser Trend verfestigt sich. Der digitalen Informationsflut können Spiegel, Stern und Focus wenig entgegensetzen - wenn auch die Verluste schon dramatischer waren.
Ein ähnliches Bild im Zeitungsmarkt; fast alle überregionalen Blätter müssen weiterhin mit sinkenden Auflagen leben.
Doch auch wer Prominente ins Visier nimmt, tut sich schwer – wenn diese selbst via Instagram und Facebook lenken, was veröffentlicht wird. Was oft spannender ist und passiert, bevor es InTouch & Co zwei Wochen später aufgreifen.
Viertens. Nutzwert ist ein gutes Mittel gegen digitale Konkurrenz.
Die technischen Möglichkeiten von TV im Jahr 2017 müssten Programmzeitschriften eigentlich den Garaus machen. Mitnichten – Serientipps, Techniktexts und profunde Filmbeschreibungen kommen immer noch an. Und mit 13,05 Millionen verkauften Exemplaren gehört die Programmpresse nach der Motorpresse ( mit dem starken ADAC-Magazin…) zu den größten Segmenten im Zeitschriftenmarkt mit vergleichsweise geringem Abschmelzen.
Mehrere Reichweitenmillionäre leistet sich das Genre noch, angeführt von Bauers Programmie TV 14, das trotz eines Auflagenrückgangs um rund 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auch im 3. Quartal mit 2,1 Millionen verkauften Exemplaren die "weltweit größte Kaufzeitschrift" bleibt.
Fünftens. Die Jugend will Youtuber!
Für Bravo bleibt es hart – und Bauer weiß das. Belegt auch durch den erneuten Umbau an der Redaktionsspitze, an die am IVW-Tag die bisherige stellvertretende Leiterin gerückt ist. Yvonne Huckenholz übernimmt ab 1. November die redaktionelle Gesamtverantwortung der Jugendzeitschriften. Die 37-Jährige, seit 2000 im Team, kümmert sich dann federführend sowohl um die Bravo als auch um die Ableger Bravo Girl! und Bravo Tubestars. Ihre Vorgängerin Ulla Drewitz wechselt intern zum Magazin Joy, wie es weiter heißt.
Apropos Bravo Tubestars – Konkurrent Popcorn zelebriert seit geraumer Zeit den starken Hang zu den Influencern der Google-Bewegtbildtochter. Und die Zahlen geben dem Titel recht.
Sechstens. Ein Hang der Leser zur Gratiskultur ist nicht zu verleugnen.
Eine der ersten IVW-Jubelmeldungen erreichte die Redaktion aus dem Hause Prisma. Vom Programmheft, das kostenlos immer mehr deutschen Tageszeitungen beiliegt, heißt es: "Das Düsseldorfer Supplement konnte im Vergleich zum Vorjahr die Gesamtauflage um 10,3 Prozent auf jetzt 4,15 Millionen verkaufte Exemplare steigern. Im Vorjahr lag die verkaufte Auflage noch bei 3,76 Millionen Millionen Exemplaren."
Erreicht die Liebe zur Gratiskultur, die Paid Content im Internet so schwer macht, jetzt auch Printprodukte? Verleugnen lässt sich das Phänomen nicht. Der weiterhin auflagenstärkste Printtitel bleibt die ADAC Motorwelt mit 13,565 Millionen Exemplaren in der IVW – knapp 2 Prozent weniger "verkaufte" Auflage fürs Magazin, das die Mitglieder des Automobilclubs on Top erhalten.
Für die These spricht auch, dass bei den E-Paper-Ausgaben der Publikumszeitschriften ein explosionsartiger Zuwachs im Bereich Bordexemplare zu finden ist. Wir erinnern uns: Die Lufthansa verzichtet aus Logistik- und Gewichtsgründen auf immer mehr Printausgaben und gibt seit dem Vorjahr E-Paper-Zugänge zu beliebten Zeitschriften kostenlos an Passagiere aus.
Tröstlich für die Verlage, dass bei den elektronischen Ausgaben überhaupt mehr Zuspruch herrscht. Wir wollen hier ja nicht schwarzmalen …