Burda "stärkt Standort":
55 sollen umziehen: "Focus" wird immer mehr zum Berliner
Ab 2016 sollen drei Viertel der "Focus"-Mitarbeiter in Berlin arbeiten. Von einer Handvoll Kollegen trennt sich Burda, dafür soll ein Netzwerk von 50 Freien künftig für das Nachrichtenmagazin schreiben.
Großer Schnitt beim Burda-Nachrichtenmagazin "Focus": Dort muss im ersten Halbjahr 2016 ein Großteil der Mitarbeiter in den 2012 eröffneten Berliner Standort umsiedeln. Das Haus ziehe weitere Teile der Redaktion in Berlin zusammen, halte aber unverändert an einem starken Münchener Standort fest, teilt der Verlag am Donnerstagmorgen mit. Künftig sollen etwa drei Viertel der Mitarbeiter in der Bundeshauptstadt arbeiten, auch die gesamte Produktion solle künftig dort angesiedelt werden, heißt es. Selbst wenn "Focus" immer mehr zum Berliner wird: Die meisten Ressorts sollen in München weiterhin vertreten sein. "Auch die Redaktionen der Line Extensions (z. B. Focus-Money, Focus-Gesundheit) und der kaufmännische Bereich verbleiben dort", versichert Burda.
Im Gegenzug will das Magazin künftig stärker auf ein neues Autoren- und Experten-Netzwerk setzen, das von Berlin aus aufgebaut werden soll. Rund 50 freie Mitarbeiter sollen so beschäftigt werden, um das "inhaltliche und thematische Spektrum" des Magazins zu verbreitern, wie es heißt. Eine Handvoll Mitarbeiter muss gehen: "Die inhaltliche Weiterentwicklung von ‚Focus‘ unter der Chefredaktion von Ulrich Reitz erfordert eine Verlagerung von Stellen, in geringem Umfang auch ihren Abbau (ca. fünf Stellen)", teilt Burda mit. Reitz zufolge handelt es sich beim Großumbau um eine Bündelung der "Kraft unserer Redaktion". Vollmundig verkündet er: "Wir sind künftig das aktuelle Magazin mit der größten Redaktion in Berlin." Der Chefredakteur weiter: "Was für Münchner Kollegen mit Härten verbunden ist, ist für Focus insgesamt richtig. Wir werden von Berlin aus ein deutschlandweites Netzwerk aus Autoren schaffen, das unsere Redaktion beliefert und von ihr gesteuert wird. Damit werden wir unsere Leser in der gewohnten Qualität beliefern können." Zwischen diesen Zeilen klingt durch: Es werden wohl nicht alle 55 vom Umzug betroffenen Mitarbeiter mitgehen wollen.
Burda begründet die Stellenverlagerung im großen Stil mit dem "sukzessiven Ausbau des Berliner Standorts" und auch den Erfahrungen mit dem jüngsten Teilumzug im Frühjahr 2014. Weiter hießt es: "Gleichzeitig reagiert Focus auf die veränderte Funktion von Nachrichtenmagazinen im heutigen Medienkonsum und bewegt sich tendenziell weg vom aktualitätsgetriebenen, hin zum einordnenden, vertiefenden Journalismus." Dafür soll das oben erwähnte neue Netzwerk aus freien Autoren sorgen. BurdaNews-Geschäftsführer Burkhard Graßmann wird in der Mitteilung so zitiert:
"Nachrichten werden heute längst nicht mehr nur in gedruckter Form verbreitet. Dadurch hat sich die Rolle von aktuellen Magazinen verändert. Auch die Anforderungen an die Arbeitsweise von Journalisten und Redaktionen wandeln sich grundlegend. Diese Redaktionsreform und die weitere Stärkung des Berliner Standorts sind daher als Investitionen in die Zukunft zu verstehen."
Burda wolle das Magazin "langfristig profitabel und somit journalistisch unabhängig halten". Dafür seien diese Veränderungen notwendig, so Graßmann. Es sei zudem ein "erstrebenswertes Alleinstellungsmerkmal, das Nachrichtenmagazin aus der Hauptstadt zu sein". Reitz fügt hinzu, dass "Focus" im Jahr 24 seiner Existenz noch einmal durchstarte. Der Titel kämpft seit Jahren mit sinkenden Auflagen und Anzeigenerlösen. Binnen eines Jahrzehnts hat "Focus" ein Drittel seiner Auflage eingebüßt, wie die IVW-Zahlen verdeutlichen.