Gastkommentar von Steff Neukam:
5 Tipps für Street Art in Marketing und Kommunikation
Wir lassen einen Künstler eine Hauswand bemalen, weil das gerade so richtig hip rüberkommt? Leider ist das nicht ganz so einfach. Was Marken wissen sollten, erklärt W&V-Gastautor Steff Neukam.
Der New Yorker Graffiti-Künstler JonOne gestaltet Produktdesign für die Luxus-Marke Lacoste, der französische Street Artist Cyril Kongo arbeitet für Hermes. Testen Brands hier ihre Hippness aus und versuchen sich im Storytelling für Nischen-Zielgruppen?
Die Antwort ist ein klares Nein. Denn Street Art findet schon lange nicht mehr nur auf der Straße statt. Urban Art – wie die Kunst mit der Spraydose auch genannt wird – ist Teil der etablierten Kunstszene geworden. Das heißt auch: Die Zielgruppe für diese Art der Kunst wird immer größer und kaufkräftiger. Und das wiederum bedeutet: Street Art wird auch für Marken interessant, die sich mit der "Cultural Camouflage" der Kunstrichtung für diese Zielgruppen attraktiv machen wollen. Und so die Credibility der Künstler für die Authentizität und Glaubwürdigkeit ihrer Marke nutzen.
Fox, Air Dolomiti und Cadillac sorgen mit urbaner Kunst für Buzz
Murals, die großformatigen Wandbilder auf Brandschutzwänden, etc., werden als Mega-Blow-up-Poster zu integralen Kampagnenelementen. So arbeitete zum Beispiel Fox bei der Launch-Kampagne für die neue Serie "Outcast" mit den Berliner Künstlern von Innerfields an der East Side Gallery in Berlin zusammen:
Der Tourismusverband aus Apulien und Air Dolomiti hingegen schenkten den Münchnern im Rahmen einer Tourismus-Kampagne ein riesiges Mural des renommierten Künstlers Agostino Iscurci. Ohne Logo oder Absender erregte die Aktion viel Aufsehen in den sozialen Medien:
Gerade im Stadtmarketing werden Murals immer mehr zu Prestigeobjekten und Touristen-Attraktionen – und damit zu innovativen Marketinginstrumenten. Weltweit schmücken sich Städte mit – von ihnen selbst gekauften – überdimensionalen Bildern internationaler Stars, so zum Beispiel Rom, Neapel und Valencia mit der einzigartigen, negativ gemalten Kunst des argentinischen Shootingstars Francisco Bosoletti oder die spanische Stadt Tarifa mit Arbeiten von Axel Void.
Aber auch große Brands entdecken Urban Art zunehmend als Spielplatz für Sponsoring. So erzielte Cadillac als Hauptsponsor der Stroke Artfair hohe Brand-Awareness über den ganzen Sommer in München sowie in den sozialen Medien.
5 Tipps für Street Art in Marketing und Kommunikation
Street Art ist also ein neues, überaus interessantes Marketinginstrument nicht nur für progressive Marken. Doch wie so oft gilt: Nur richtig eingesetzt entfaltet Street Art die volle Wirkmächtigkeit – auch in Marketing und Kommunikation.
Mit ein paar Tipps steht einem erfolgreichen Street-Art-Projekt nichts mehr im Weg:
1. Analysieren Sie die Bekanntheit und Credibility des Künstlers in der jeweiligen Zielgruppe. Ein Künstler wie der Münchner WON ABC beispielsweise spricht mit seiner Kunst fast ausschließlich Männer an, der Brasilianer Thiago Goms hauptsächlich Frauen.
2. Wählen Sie bei Auftragsarbeiten den geeigneten Künstler für Ihr Kommunikationsziel. Bei Anfragen nach Auftragsarbeiten sind diverse Faktoren zu beachten: Trifft der Künstler den Geschmack der Zielgruppe? Ist er der Aufgabenstellung gewachsen? Wie wird er von der Öffentlichkeit wahrgenommen? Gibt es strenge Corporate Design Vorgaben? Denn viele Künstler machen das nicht mit. Auch die Bereitschaft, diverse Korrekturstufen des Kunden in der Entwurfsphase mitzugehen, sollte vorhanden sein.
3. Klären Sie unbedingt die Nutzungsrechte. Fast alle auf internationalem Niveau arbeitenden Künstler kennen ihren Wert und lassen sich nicht mit "kleinem Geld" abspeisen. Viele geben grundsätzliche keine Total Buy Outs, also zeitlich und räumlich uneingeschränkte Nutzungsrechte. Besprechen Sie dieses Thema am besten immer schon direkt bei den Anfragen.
4. Binden Sie bei der Integration bestehender Werke in eine kommerzielle Verwertung die Künstler oder deren Agenten mit ein und sorgen Sie für eine entsprechende Honorierung – sonst droht im schlimmsten Fall ein viraler Shitstorm.
5. Und das Wichtigste: Brand follows artist! Ansonsten ist ein guter Art Director für Ihre Kampagne die bessere Wahl.
Über den Autor:
Steff Neukam ist Managing Partner der Kreativagentur Bloom in München und Nürnberg.