
Dunnhumby:
200-Millionen-Deal mit Big Data: Tesco-Tochter übernimmt Berliner Sociomantic
Für einen geschätzten dreistelligen Millionenbetrag geht die Berliner Digital-Agentur Sociomantic an die britische Tesco-Tochter Dunnhumby. Was hinter dem Deal steckt, erklärt Dunnhumby sehr deutlich.
Für einen geschätzten dreistelligen Millionenbetrag geht die Berliner Digital-Agentur Sociomantic an die britische Tesco-Tochter Dunnhumby. Was hinter dem Deal steckt, erklärt Dunnhumby sehr deutlich: Die Briten wollen ihre Daten über die Technik von Sociomantic versilbern. Es geht um die Shopping-Präferenzen von 400 Millionen Konsumenten und um Datensätze von weiteren 700 Millionen Online-Usern. Ziel sei es, Mediaplanung zu verbessern, sowie auf Konsumenten zugeschnittene Werbeangebote zu machen. "Unsere strategische Fokus liegt darauf, Konsumenten zu binden und ihre Loyalität zu gewinnen - wo auch immer sie einkaufen online oder im stationären Handel.", sagt Simon Hay, CEO der Dunnhumby Ltd.
Dunnhumby ist seit 25 Jahren im Markt und arbeitet mit Konsumentendaten (z.B. Kassendaten aus dem Handel). Die Big-Data-Agentur beschäftigt weltweit etwa 2.500 Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören neben dem Mutterkonzern Tesco auch Konsumgüterriesen wie Coca-Cola, Macy's, Procter & Gamble und PepsiCo. Der Jahresumsatz von Tesco liegt bei etwa 65 Milliarden Pfund.
Der bereits vor ein paar Tagen von Business Insider als Vorabgerücht kolportierte Preis von bis zu 200 Millionen Dollar für Sociomantic dürfte also nicht weiter ins Gewicht fallen. Ganz anders dürfte sich die Summe auf Seiten von Sociomantic auswirken. Denn die drei Gründer Thomas Nicolai, Lars Kirchhoff und Thomas Brandhoff, kamen bislang ohne Fremdkapital aus.
Dafür bekommen die Briten eine Firma, die fünf Jahre nach der Gründung weltweit bereits mit etwa 200 Mitarbeitern in 60 Märkten aktiv ist. In Summe bewegte die Berliner Firma im vergangenen Jahr bereits ein Mediavolumen von etwa 100 Millionen Euro. Darunter fällt ein Großteil der Performance-Werbung von E-Commerce-Riesen wie Zalando und Rakuten, dem japanischen Amazon-Pendant. Als Mediaagentur verstehen sich die Berliner aber nicht, sie sehen sich als technischer Dienstleister, der über kundendatenbasiertes Realtime-Advertising Leads und Abverkauf generiert.
Das enorme Wachstum brachte die Gründer jedoch bereits an Grenzen. Die ersten Schritte schafften Nicolai, Kirchhoff und Brandhoff, noch allein – und das auch ohne jegliches Fremdkapital. Ende 2012 wurde dann mit Jason Kelly ein CEO verpflichtet. "Wir wollten Partner, mit denen wir die globalen Märkte erobern können", sagte Geschäftsführer Brandhoff W&V im vergangenen Januar. Das gilt vor allem für den hochkompetitiven US-Markt. Mit Dunnhumby im Rücken sollte dies nun leicht gelingen.
Kelly hat als ehemaliger Manager der Realtime-Werbefirma Admeld, die er mit gründete und an Google verkaufte, beste Kontakte in der amerikanischen Werbeszene. Der CEO, der formal kein Geschäftsführer in Deutschland ist, trieb das Wachstum weiter. Unter ihm verdreifachte sich das Personal auf rund 150 Mitarbeiter. "Etwas, was wir alleine nicht in solch kurzer Zeit geschafft hätten", sagt Brandhoff. Im vergangenen Juli stieß zudem Robert Bosch als Chief Sales Officer hinzu. Er soll das Geschäft in Europa und im Mittleren Osten vorantreiben.
Bosch ist aus Zeiten bei Springer Groupon und Google bestens in Europa und vor allen in großen Unternehmen vernetzt. Er betont: "Vor allem große E-Commerce-Player wollen internationale Lösungen." Denn der Aufwand, die eigenen Warenwirtschafts- und CRM-Systeme in die Realtime-Advertising-Welt (RTA) einzubinden, ist beträchtlich. Zudem lassen sich Learnings über verschiedene Märkte hinweg nur generieren, wenn Systeme vergleichbar arbeiten – "der Hauptgrund, warum die Internationalisierung so schnell voranschreitet", sagte Bosch im Januar.