"Russland Heute":
100 Prozent Kontrolle: Putin schafft Staats-Nachrichtenagentur
Kremlchef Putin macht aus Ria Novosti die neue Staatsagentur Rossija Segodnja. Sie soll das Bild Russlands im Ausland wieder gerade rücken.
Mit einem gigantischen Staatspropaganda-Apparat will Kremlchef Wladimir Putin künftig das internationale Meinungsbild über Russland prägen lassen. Staatsmedien wie die Agentur Ria Nowosti und der Rundfunksender Golos Rossii (Stimme Russlands) werden künftig unter dem Namen "Internationale Nachrichtenagentur Rossija Segodnja" (Russland heute) firmieren, wie es in dem am Montag veröffentlichten Erlass heißt. Generaldirektor der neuen Holding wird der wegen seiner offen antiwestlichen Agitation umstrittene Journalist Dmitri Kisseljow. Der 59-Jährige ist bislang Vize-Generaldirektor des Staatsfernsehens. Putin hat das Ministerkabinett beauftragt, innerhalb eines Monats alle nötigen Schritte zur Gründung der neuen Agentur in die Wege zu leiten und die Aufnahme von "Rossija Segodnja" in die Liste der strategischen Unternehmen des Landes zu erörtern. Die neue staatliche Nachrichtenagentur solle vor allem im Ausland über die staatliche Politik der Russischen Föderation und das gesellschaftliche Leben in Russland berichten, wie aus dem Wortlaut des Präsidentenerlasses zu erlesen ist. Kurz: Sie soll das Bild Russlands im Ausland wieder gerade rücken.
Die Chefredakteure der betroffenen Medien reagieren indes überrascht. Die Agentur Ria Nowosti, Medienpartner der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, kommentiert den Erlass ungewohnt kritisch auf ihrer englischsprachigen Internetseite. "Der Schritt ist der jüngste in einer Reihe von Veränderungen in der russischen Medienlandschaft, die auf eine Verschärfung der staatlichen Kontrolle in dem bereits stark regulierten Mediensektor hindeuten", heißt es. Ria Nowosti, die auch eine deutschsprachige Internetseite betreibt, war kurz nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 gegründet worden.
Wie der frühere KGB-Offizier Putin hat auch der neue Holding-Chef Kisseljow in den 1970er Jahren die Leningrader Staatliche Universität im heutigen St. Petersburg absolviert. Der kremltreue Journalist verglich Putins Politik mit der des Sowjet-Diktators Josef Stalin. Während Zyperns Finanzkrise stellte er die Politik von Kanzlerin Angela Merkel mit der Enteignung der Juden durch die Faschisten unter Adolf Hitler gleich. Ein Feindbild Kisseljows sind Homosexuelle. "Ihnen sollte verboten werden, Blut und Sperma zu spenden, und ihre Herzen sollten im Fall von Autounfällen in der Erde vergraben oder verbrannt werden, da sie ungeeignet sind, das Leben von irgendjemandem zu verlängern", sagte er einst.
Bereits vor einigen Jahren hatte der Kreml den Fernsehsender RT ins Leben gerufen, der in verschiedenen Sprachen ein positives Bild Russlands im Ausland vermitteln soll. Russische Medien gelten generell als Machtinstrument der Führung. In einer Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit liegt Russland auf Platz 148.
dpa/ps