
''Mittelfristig wird es weniger Marken geben''
Im Vorfeld der OWM-Fachtagung in Hamburg verteidigt Unilever-Chef Henning Rehder im W&V-Exklusivinterview die Konzentration auf Top-Marken, skizziert die Zukunft der Medien und warnt vor der Preiskommunikation im Handel.
Im Vorfeld der OWM-Fachtagung in Hamburg verteidigt Unilever-Chef Henning Rehder im W&V-Exklusivinterview die Konzentration auf Top-Marken, skizziert die Zukunft der Medien und warnt vor der Preiskommunikation im Handel (Fortsetzung)
W&V Sie warten also nicht länger, bis der Gesetzgeber anklopft?
Rehder Nein, denn dann können wir das Ergebnis nicht mehr positiv und sinnvoll beeinflussen. Bei der Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel haben wir zusammen mit anderen Unternehmen einen sinnvollen Standard vorgelegt, der bereits praktiziert wird.
W&V Sind nicht auch die Konsumenten zu einer gewissen Eigenverantwortung aufgerufen?
Rehder Natürlich, aber wir können sie dabei fördern wie etwa mit unserer Vitality-Kampagne von Becel. Mit Rama unterstützen wir bundesweit Initiativen, die gesunde Ernährung von Kindern fördern.
W&V Wie sehen Sie die Zukunft der Kommunikation?
Rehder Die klassischen Medien werden kaum an Bedeutung verlieren, Internet und mobile Kommunikation aber an Relevanz gewinnen.
W&V Gibt es schon einen Unilever-Blog?
Rehder Nein, denn dazu ist die Reichweite zu unbedeutend. Wir haben aber sehr erfolgreiche Internetsites. Die Homepage von Knorr hat monatlich 550 000 Besucher mit über zehn Millionen Page-Impressions. Hier hat sich eine neue Möglichkeit des Dialogs mit den Konsumenten entwickelt, die wir vor zehn Jahren noch nicht hatten.
W&V Die Konsumgüterindustrie ist einer der zuverlässigsten Marktpartner der Medien. Sehen Sie sich auch als solcher behandelt?
Rehder Absolut nicht. Die Inflation, die wir dort beobachten, basiert allein auf steigender Nachfrage. Wir haben es hier mit Kostensteigerungen zu tun, die das in der Wirtschaft übliche Maß überschreiten. Die Medien sollten sich deshalb die Frage stellen, ob es mittelfristig opportun ist, eine hohe Nachfrage kurzfristig abzuschöpfen.
W&V Angenommen, die Teuerung würde sich fortsetzen: Wie könnte Unilever darauf reagieren – ein Unternehmen, das immerhin 81 Prozent seines Mediabudgets in Fernsehwerbung investiert?
Rehder Egal ob Rohstoffe, Transport oder Mediainvestment – wenn die Kosten kontinuierlich davongaloppieren, müssen wir in unserer Strategie darauf reagieren. Hierzu gäbe es eine Reihe attraktiver Alternativen, die wir permanent analysieren.
W&V Was erwarten Sie von der Konjunktur und den Konsumenten?
Rehder Die Verbraucher besinnen sich zunehmend auf Qualität und hochwertige Produkte. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Auch das Konsumklima schätzen wir für 2008 positiv ein. Besorgniserregend finde ich allerdings die Produktkommunikation im Handel, die noch immer fast ausschließlich auf den Preis fokussiert. Dies wirkt sich auch für die Konsumenten negativ aus: Im deutschen Handel herrscht Tristesse. Von einem Einkaufserlebnis, wie im europäischen Ausland üblich, keine Spur.