Axel Springer :
"Testbild" macht Stiftung Warentest Konkurrenz - mit Promi-Diäten und Handy-Tests
Nach rund 15 Jahren in der Schublade kommt nun am 27. Mai doch noch Springers Antwort auf das Magazin "Test" der Stiftung Warentest.
Nach rund 15 Jahren in der Schublade kommt nun am 27. Mai doch noch Springers Antwort auf das Magazin der Stiftung Warentest - am selben Tag wie deren Juni-Ausgabe. "Testbild" wird in einer Druckauflage von 300.000 Exemplaren (Verkaufsauflage: 100.000) zunächst viermal jährlich erscheinen und kostet 3 Euro. Unter dem zeitungsgruppen-bedingt doppeldeutigen, einprägsamen Namen will die Redaktion "kompetente und unabhängige Expertentests und überprüfte Käuferrezensionen zu aktuellen Produkten" vereinen und so für Orientierung sorgen.
Und für Konkurrenz in einem Zeitschriftensegment, das die Stiftung Warentest ziemlich für sich hat: "Test" verkauft monatlich etwa 421.000 Hefte, einen Großteil davon (364.000) im Abo, und erwirtschaftet damit einen Umsatz von 22 Mio. Euro (2015). Von den Umsatzerlösen in Höhe von 41,2 Mio. Euro (2014: 40,8 Mio. Euro) der Stiftung insgesamt entfielen 4 Mio. Euro auf den Verkauf von Testergebnissen im Netz. Doch selbst der Klassiker muss seit 1991, als der Titel "Test" knapp an der Millionenauflage schrammte, jährlich rückläufige Verkaufszahlen hinnehmen.
Einen Teil vom kleiner werdenden Kuchen will schon lange der Axel Springer Verlag. 2006 wurde es fast ernst; damals noch von München aus unter der Leitung von "Computer-Bild"-Chefredakteur Harald Kuppek plante man an dem Heft - Kuppek hatte damit schon um die Jahrtausendwende begonnen. Doch es gab Krach um sein Herzensprojekt, Kuppek ging, Springer stoppte den Aufbau der Entwicklungsredaktion in München, nicht aber die Arbeit an "Testbild".
Jetzt ist es nach all dem Auf und Ab also doch so weit, dass die Erstausgabe unter Chefredakteur Axel Telzerow am Kiosk liegen wird. Und der macht "Test" gleich klar, wem die Attacke gilt: "Bei 'Testbild' steht der Verbraucher im Vordergrund. Deshalb prüfen wir knallhart und geben präzise Kaufempfehlungen. Das unterscheidet 'Testbild' von den etablierten Wettbewerbern." Auch redaktionell gehe man "mit einer modernen Bildsprache und besonderem Schreibstil" neue Wege.
Die Stiftung Warentest sieht's einstweilen gelassen. "Grundsätzlich sehen wir in der Herausgabe einer weiteren Testzeitschrift kein Problem", sagt Kommunikationschefin Heike van Laak auf Anfrage von W&V Online. 2006 war die Stiftung wegen Verwechslungsgefahr gegen das damalige Logo vorgegangen. Der Name "Test" sei markenrechtlich geschützt, gegen einen Titel "Test-Bild" würde man sich wehren, sagte der damalige Chefredakteur und heutige Vorstand Hubertus Primus 2006 zu W&V (Ausgabe vom 29.6.2006). Man einigte sich außergerichtlich. Axel Springer ließ den 2006 gelöschten Titel vor rund drei Monaten über die Anwaltskanzlei Jonas erneut schützen.
Offensichtliche Verwechslungsmöglichkeiten sieht die Stiftung Warentest heute nicht mehr. "Wir vertrauen darauf, dass unsere Leser unser Alleinstellungsmerkmal zu schätzen wissen: Unabhängige Tests mit wissenschaftlichen Methoden, die Anzeigenfreiheit und den anonymen Einkauf im Handel und damit eine völlige Unabhängigkeit von Anbietern und Anzeigenkunden", sagt van Laak.
"Testbild" vermarktet das redaktionelle Umfeld (1/1 4c 19.500 Euro). Das muss nicht, kann aber zu Konflikten mit den Anzeigenkunden führen, sollte ein Produkt nicht gut abschneiden. Das war auch einer der Gründe, warum das Projekt 2007 dann zunächst doch nicht umgesetzt wurde. Dem Vorwurf der abhängigen Testberichterstattung sehen sich beispielsweise Computer- und Autozeitschriften immer wieder ausgesetzt. Hans Hamer, Verlagsgeschäftsführer Auto, Computer und Sport der Axel Springer SE, und sein Chefredakteur Telzerow kündigen aber an, in ihren Tests unabhängig zu sein.
Im ersten Heft testet der Verlag 60 Geräte, 20 Dienste und 110 Shops, darunter "Kaffee-Vollautomaten, Fitnessprogramme, die von Prominenten entwickelt wurden", und Reiseportale. Lifestyle, Reise, Shopping, Geld und Recht, Technik, Gesundheit und Garten - mit dem Rundumschlag will das Test-Magazin möglichst viele Zielgruppen ansprechen, konkret genannt werden "Männer, Frauen und Familien". Im nächsten "Test"-Heft der Stiftung Warentest (unter Chefredakteurin Anita Stocker) wird es unter anderem um Autokindersitze und Kinderfahrradhelme gehen. Inwieweit sich die beiden Heft ins Gehege kommen, entscheidet sich also erst am 27. Mai.
Zumindest der Name "Testbild" ist heute und für junge Zielgruppen weniger unfreiwillig komisch und mehrdeutig als noch vor einigen Jahren: Ein Testbild im Fernsehen mangels Programm mitten in der Nacht gibt es schon lange nicht mehr.