"Tatort Internet": Morddrohungen gegen TV-Produzentin
Das neue RTL-II-Format "Tatort Internet" polarisiert extrem. Produzentin Danuta Harrich-Zandberg spricht im W&V-Interview über Morddrohungen gegen sie und Stephanie zu Guttenberg, aber auch über erste Erfolge gegen Pädophilen-Foren.
Das neue RTL-II-Format "Tatort Internet" polarisiert extrem. Mit W&V-Online spricht Produzentin Danuta Harrich-Zandberg (Diwa Film) über Morddrohungen und erste Erfolge gegen Pädophilen-Foren.
Frau Harrich, selten hat ein TV-Format die Gemüter so stark erhitzt wie „Tatort Internet“. Haben Sie damit gerechnet?
Zunächst einmal: Wir haben sehr viel positiven Zuspruch von Seiten der Opfer bekommen. Viele haben sich bei uns gemeldet, mit der Bitte um die Veröffentlichung ihrer Fälle, weil sie sonst nirgends gehört werden. Auch Polizisten, Pädagogen und Lehrer haben sich erkundigt, ob sie Ausschnitte aus dem Filmmaterial für Lehrzwecke haben können.
Nur positive Reaktionen?
Leider nein. Nicht nur wir, sondern vor allem auch Stephanie zu Guttenberg wurde mit Morddrohungen überzogen. Sowohl in schriftlicher, als auch in mündlicher Form. Nachdem am Tag des Sendestarts bekannt wurde, dass die Psychologen von der Kinderschutzorganisation N.I.N.A. in dringenden Fällen zur Verfügung stehen würden, geschah folgendes: Ab 12 Uhr mittags waren die Leitungen der Telefone für die nächsten 24 Stunden lahm gelegt. Und auch die Mitarbeiter von N.I.N.A. wurden mit Morddrohungen überzogen.
Überraschend bei der ersten Sendung war, dass das einzige Opfer, das gezeigt wurde, eine 12-jährige Schülerin im Gegensatz zu gezeigten Opfern nicht gepixelt war. Wurde sie nicht erneut zum Opfer?
Im Falle der Mandy haben wir uns um das Mädchen im Vorfeld der Ausstrahlung und auch danach intensiv gekümmert und es berührt, wie viel Zuspruch die Familie für ihren Mut aus der Öffentlichkeit erfährt. Ich bin Psychologin und habe mich auf Kinder- und Jugendliche spezialisiert und kann dank meiner Erfahrung als Filmemacherin sensibel an das Thema herangehen. Bereits vor 30 Jahren habe ich erstmals einen Film für die ARD zu diesem Thema gemacht.
Diwafilm ist ein bekanntes Produktionsunternehmen und unter anderem Anwärter auf den Europäischen Fernsehpreis für eine Reportage über gefälschte Medikamente. Sie haben bisher nur für öffentlich-rechtliche Sender gearbeitet. Warum läuft „Tatort Internet“ gerade auf RTL II?
Wir hätten das Format sehr gerne für jeden Sender und mit dem gleichen Engagement gemacht. Aus dem einzigen Grund: Weil das Thema wichtig ist und endlich Sensibilität für das Thema geschaffen werden muss. Dringend. Wir produzieren „Tatort Internet“ besonders gerne für RTL II, weil wir hier Kinder, Jugendliche und deren Eltern – und wie wir jetzt sehen – viele Lehrer erreichen. Es war übrigens Interpol, die uns auf dieses Thema aufmerksam gemacht hat. Sie haben uns gebeten aktiv zu werden, weil man schon jetzt das Thema weltweit nicht mehr in Griff bekommt.
Dennoch: RTL II bedient mit Formaten wie Big Brother und Frauentausch häufig auch einen sexistischen Voyeurismus.
Nur RTL II hatte den Mut, das Thema aufzugreifen. Wir wollen mit „Tatort Internet“ die Menschen, vor allem die Eltern und Lehrer wachrütteln. Und eines haben wir im übrigen bereits jetzt erreicht: Die Pädophilen sind vor uns auf der Hut. Die einschlägigen Foren sind seit Ausstrahlung von „Tatort Internet“ mit dem Hinweis „Wir sind zur Zeit im Urlaub“ nicht zu erreichen.