VG Media vs. Google :
"Sehr schlecht gemachtes Gesetz, das viele Fragen aufwirft"
Das Landgericht Berlin stellt das Leistungsschutzrecht für Verleger in Frage, das im Streit zwischen ihrer Verwertungsgesellschaft VG Media und Google erzielt wurde.
Die Verwertungsgesellschaft VG Media und Google streiten sich seit Jahren, ob für Textausrisse von Verlagsinhalten auf Google Geld bezahlt werden muss. Vor dem Landgericht Berlin warf der Richter nun die Frage auf, ob das Leistungsschutzrecht (LSR) überhaupt gültig ist. Angezweifelt wird dort, ob Deutschland die Europäische Union nicht vor der Verabschiedung des LSR hätte informieren müssen.
Zum Ende der schwarz-gelben Koalition im Bund entschied sich das Justizministerium gegen diese so genannte Notifizierung der EU-Kommission - auch weil es sonst kaum möglich gewesen wäre, das LSR noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 zu verabschieden. Die Mitgliedstaaten der EU müssen Gesetzentwürfe in Brüssel vorlegen, wenn diese "technische Vorschriften" enthalten, die speziell auf "Dienste der Informationsgesellschaft" zielen.
In der Verhandlung am Dienstag forderte die VG Media das Gericht auf, die Frage der Notifizierung direkt dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, um einen teuren Rechtsweg durch die Instanzen abzukürzen. Das Gericht räumte Google und der Verwertungsgesellschaft eine Frist von einem Monat ein, um zu diesem Antrag und anderen Sachverhalten Stellung zu nehmen. Danach kann es noch Wochen dauern, bis das Gericht in der Sache entscheidet.
VG Media will von Google Schadenersatz
In der Verhandlung vor dem Landgericht waren zuvor die unterschiedlichen Positionen von Google und der VG Media hart aufeinander geprallt. Die Verwertungsgesellschaft verlangt von Google Schadenersatz, weil sich der Internet-Konzern weigert, für die Darstellung von Textausrissen und Vorschau-Bildern in der Google-Suche zu zahlen. Sie vertritt dabei etliche Verlage in Deutschland, darunter Springer, Verlagsgruppe Handelsblatt, Funke und DuMont.
Der Vorsitzende Richter Peter Scholz kritisierte das geltende Leistungsschutzrecht scharf: "Das ist ein sehr schlecht gemachtes Gesetz, das viele Fragen aufwirft." In der Verhandlung wurde insbesondere kontrovers diskutiert, welche Inhalte genau nach dem Leistungsschutzrecht ohne Einwilligung veröffentlich werden dürfen. Im Gesetz heißt es, "einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte" dürften von Suchmaschinen frei verwendet werden.
Immer wieder ein Anlass für Auseinandersetzungen: Die VG Media sagte, maximal sieben Worte bildeten die Obergrenze. Google betonte, die Verlage profitierten von längeren "Snippets". Die Anwender würden dann häufig auf die Links klicken, die zu den Verlagsseiten führen. Die Google-Vertreter sprachen sich für eine feste Zeichen-Obergrenze aus, weil dies auch zweifelsfrei technisch umgesetzt werden könne.
Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage war am 1. August 2013 in Kraft getreten. Im August 2014 haben etliche Verlage innerhalb der VG Media eine "Gratiseinwilligung" erteilt, weil sie sonst nicht mehr mit Snippets dargestellt worden wären. Die Sichtweise der Verlage ist im Netz zu finden.
Es ging auch um die Höhe der Vergütung ...
In der Verhandlung vor dem Landgericht Berlin ging es diesmal um den urheberrechtlichen Aspekt in der Kontroverse. Die Kammer hatte vor einem Jahr bereits die kartellrechtliche Seite verhandelt - und in diesem Verfahren Google weitgehend recht gegeben.
Die VG Media beantragte in der Verhandlung, die Tatsache feststellen zu lassen, dass die von Google angezeigten Snippets vergütungspflichtig seien. Außerdem verlangte die Verwertungsgesellschaft, dass die Umsätze von Google in Deutschland offengelegt werden müssen, um den Vergütungstarif berechnen zu können.
Google forderte das Gericht auf, die beiden Anträge der VG Media abzulehnen, weil die praktizierte kostenfreie Nutzung der Verlagsinhalte durch den Wortlaut des Leistungsschutzrechtes gedeckt sei.
W&V Online/dpa