Shitstorm wegen Tichys Einblick:
"Morddrohungen": Roland Tichy verlässt Xing
Roland Tichy und die Burda-Tochter Xing gehen getrennte Wege. Der frühere "Wirtschaftswoche"-Chef erhielt nach eigenen Angaben "Morddrohungen" und sei Gegenstand einer "massive Kampagne" geworden.
Roland Tichy und die Burda-Tochter Xing gehen getrennte Wege. Er trete "mit sofortiger Wirkung vom Posten des Herausgebers zurück", teilte Tichy am Montagmittag mit. Der frühere "Wirtschaftswoche"-Chef erhielt nach eigenen Angaben "Morddrohungen" und sei Gegenstand einer "massive Kampagne" geworden, die der Marke Xing und ihren Mitarbeitern schade.
Grund für die aktuelle Aufregung ist Tichy Doppelfunktion als Herausgeber des redaktionellen Xing-Angebotes Xing News und als Gründer, Geschäftsführter und Chefredakteur des umstrittenen Debattenportals Tichys Einblick.
Dort war am Freitag ein Artikel mit der Überschrift "Warum Sie mit psychopathologisch gestörten grün-linken Gutmenschen nicht diskutieren sollten" erschienen. O-Ton:
"Grün-linke Gutmenschen sind – und ich sage das nicht einfach so dahin – krank. Nicht körperlich, sondern geistig-psychisch. Daher ist es auch weder sinnvoll noch empfehlenswert, sich auf größere Diskussionen mit ihnen einzulassen."
Tichy selbst hat diesen Artikel nicht geschrieben, trägt dafür aber laut Impressum die Verantwortung. Mathias Richel, Kreativdirektor der Berliner Omnicom-Tochter Torben, Lucy und die gelbe Gefahr (TLGG), kündigte am Tag darauf via Twitter an, seinen Xing-Account zu löschen. Er wolle nicht indirekt dazu beitragen, Tichys Aktivitäten zu unterstützen:
Kurz und schmerzlos, das könnt ihr auch. #xing #tichy pic.twitter.com/WnfYcS3fAR
— Mathias Richel (@mathiasrichel) 7. Januar 2017
Bis Montagmittag wurde der Tweet fast 700 Mal geteilt. Meedia berichtete zuerst darüber und dokumentierte weitere Reaktionen auf Twitter. Tichy hat den Artikel mittlerweile gelöscht und sich öffentlich distanziert:
Beitrag hätte nicht erscheinen dürfen. Unterstellung von Path. ist für TE keine Diskussionsbasis. Wir bedauern und bitten um Entschuldigung
— Roland Tichy (@RolandTichy) 8. Januar 2017
Der umstrittene Text kann jetzt auf der Seite des Publizisten David Berger nachgelesen werden. Berger will damit ein Zeichen gegen "Nannyjournalismus" setzen, wie er es formuliert. Der katholische Theologe ist einer der Autoren von Tichys Einblick.
Tichys Doppelrolle hatte bereits im Februar 2016 für Ärger gesorgt - damals ausgelöst durch Cohn-&-Wolfe-Chef Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, der wegen Tichy öffentlich seine Premium-Mitgliedschaft bei Xing gekündigt hatte. Dem Beispiel waren auch andere Xing-Mitglieder gefolgt - wobei nie klar wurde, wie groß der finanzielle und mediale Schaden für das Karriere-Netzwerk tatsächlich war.
Xing-Kommunikationschef Marc-Sven Kopka sagte damals zu W&V, Tichys Einblick sei eine Privatangelegenheit, die man nicht kommentieren werde. Seitdem hat sich der Ton auf der Tichy-Seite verschärft, sie schaltete sich etwa im Dezember massiv in die Kampagne gegen Scholz & Friends und Gerald Hensel ein. Mit Erfolg: Laut IVW kam Tichys Einblick im vergangenen Monat auf über 1,8 Millionen Visits und damit auf das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Jetzt kann sich Roland Tichy auf den weiteren Ausbau im Wahljahr 2017 konzentrieren.
Ende Dezember hat sich Tichy bei turi2 über sein Portal ("große liberale Meinungsplattform") und seine Strategie geäußert: