Schon deutlich länger – aber immer noch recht kurz – war Joachim Kosack als Sat.1-Geschäftsführer im Amt. Der Produzent, der zuvor bei Sat.1 die Fiktion verantwortete und ab Herbst 2011 den ganzen Sender, wurde nach zehn Monaten abgelöst. Der Feuerwehrmann damals war der jetzt ausgeschiedene Paalzow, bei dem sich die TV-AG an sein positives Wirken an der Spitze von ProSieben erinnerte. Paalzow verließ die Produktionsszene und MME, Kosack kehrte dahin und zur UFA zurück. Übrigens: Paalzow war bei Sat.1 der fünfte Geschäftsführer seit dem Jahr 2008 - eine höchst verwirrende Phase! In dieser Zeit hatten Matthias Alberti, Guido Bolten, Andreas Bartl und eben Joachim Kosack versucht, den Sender wieder zu alter Flughöhe deutlich über zehn Prozent Marktanteil zurückzuführen. Das ist bis heute nicht gelungen.

Die eben Genannten sind Teil der Top 5 der TV-Geschäftsführer mit den kürzesten Amtszeiten. "Ich war mal eben Senderchef von Sat.1" – das darf auch Guido Bolten von sich sagen. An ihn geht Platz drei. 13 Monate durfte er den Titel "Geschäftsführer" tragen. Ende Januar 2010 war dann Schluss, die damalige ProSiebenSat.1-Allzweckwaffe Andreas Bartl übernahm in Personalunion zum Vorstands-Dasein. Bolten verband mit Paalzow der gute Ruf in der Holding, hatte er doch beim kleinen Schwestersender Kabel eins bis Ende 2008 gute Arbeit geleistet. Auch ihn holten die AG-Granden zurück, auch er scheiterte an Sat.1. Heute führt Guido Bolten zusammen mit dem Ex-ProSiebenSat.1-Kollegen Hans Fink die Burda Studios.

Vom strahlenden Stern zum tief gefallen Verstoßenen brachte es Dejan Jocic an der Spitze von ProSieben in nur 19 Monaten. Macht Platz 4. Der Marktanteil des wichtigen Familiensprosses entwickelte sich während seiner Amtszeit von Mai 2004 bis Dezember 2005 rückläufig, drohte gar, bei den Werberelevanten die Zehn-Prozent-Hürde nach unten zu durchstoßen. Mit umstrittenen Reality-Programmen wie "Die Burg" und Sendungen wie "Hire or Fire - Der beste Job der Welt", die bereits nach einmaliger Ausstrahlung abgesetzt worden war, brachte der im Sport-TV bei DSF und Premiere groß gewordene Senkrechtstarter ProSieben zusätzlich arge Imageprobleme ein. Bartl war einmal mehr der Ersatzmann. An Jocic und dessen Steckenpferd Sport dagegen erinnerte sich bald wieder Leo Kirch. Vor allem, als der geschasste ProSieben-Chef die Premiere-Abo-TV-Konkurrenz Arena rund um Bundesliga-Inhalte hochzog. Jocic sollte unter dem Label "Sirius" an einem Comeback von Kirch im Sportrechtesegment mitwirken. Daraus wurde nichts, Dejan Jocic zog es als Berater auf den Balkan. Dort versuchte er unter anderem vergebens, in Serbien einen neuen TV-Kanal zu starten.

Bei Platz 5 in der Liste gilt in ganz besonderem Maße, dass ein von Quotendruck, Renditeerwartungen und positivem Kostendeckungsbeitrag gegeißelter Senderchef woanders durchaus als guter Fernsehmanager auftreten kann: Matthias Alberti ist so ein Fall. Der sympathische Hüne, der in seiner Zeit als Programmmacher bei RTL und Sat.1 Erfolgsformate wie "Wer wird Millionär?", "Genial daneben" und "Schillerstraße" verantwortete, hatte den Chefsessel in der wohl schwierigsten Zeit von Sat.1 inne: Als der Sender gegen den Widerstand der Mitarbeiter nach München ziehen musste. Schon nach einem Jahr Amtszeit wurde dem Kreativen Anfang 2008 der heutige Welt-N24-Mann Torsten Rossmann als Co-Geschäftsführer zur Seite gestellt, Anfang 2009 wurde Alberti dann in die Holding verschoben, wo er es nur noch gut ein Jahr aushielt. Heute wirkt der Manager zufrieden an der Spitze des Produktionshauses Kimmig Entertainment.

Leicht könnte die Liste verlängert werden – vor allem durch weitere ProSiebenSat.1-Manager. Der heutige RTL-II-Chef Andreas Bartl etwa, der Sat.1 nach Guido Bolten auch nur rund eineinhalb Jahre führte. Doch er war längst Teil der Holding, hatte sich an den Spitzen fast aller Sender der TV-Familie bewährt. Karl König war keine zwei Jahre Chef von Kabel eins – um dann aber als Geschäftsführer Programm & Operations bei ProSiebenSat.1 TV Deutschland Karriere zu machen. Es gibt ein Leben nach dem Senderchef.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.