Stefan Sichermann:
"Ich finde Leute furchtbar, die sagen: Boah, das ist pietätlos!'"
Postillion-Macher Stefan Sichermann kennt kein Tabu: Der Satiriker will auch in Zukunft "keinen Witz und kein Thema" ausschließen - auch nicht den Tod.
Für den "Postillon" war es ein Traumjahr: Die Satire-Seite von Stefan Sichermann gewann den Grimme-Online-Award und schaffte im November mit 4,6 Millionen Visits eine neue Rekordmarke. Wenn man den im Netz veröffentlichten Google-Analytics-Zahlen glauben darf, holt Sichermann in seinem Home Office im fränkischen Fürth mehr Traffic herein als die komplette Redaktion der "Wirtschaftswoche". Mittlerweile könne er „ausgezeichnet davon leben“, sagte er in einem lesenswerten Interview mit dem Blog Lousy Pennies.
Von Tabus will Sichermann auch in Zukunft nichts wissen. "Ich schließe erst einmal überhaupt keinen Witz und kein Thema aus", so der 33-Jährige in der am Montag erschienenen Ausgabe des "Medium Magazin". Auch das Thema Tod scheue er nicht. "Viele sagen, man mache keine Witze, wenn Menschen gestorben sind. Das sehe ich anders. Man muss sich ja nicht über die Menschen lustig machen, sondern über die Umstände, wie sie gestorben sind." Ebenso sei es mit Behinderungen. Er werde vermutlich auch einen Artikel zu den kommenden Paralympics schreiben, die im März nach den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi stattfinden. "Ich finde Leute furchtbar, die dann sagen: 'Boah, das ist pietätlos!'"
Besonders häufig beschwerten sich bei ihm Katholiken oder Protestanten über Artikel. "Erstaunlich oft machen mir Christen Vorwürfe, ich schreibe nicht genug gegen Muslime. Obwohl ich das auch mache. Komischerweise kam noch nie eine Beschwerde eines Moslems."
Das "Medium Magazin" hat Sichermann gerade zum "Journalisten des Jahres" in der Kategorie Unterhaltung / Kultur gewählt. Kurz vor Jahresschluss könnte noch ein weiterer Titel dazu kommen: Auf der Shortlist der Goldenen Blogger 2013 ist der "Postillon" als Blogger des Jahres nominiert worden. Die Entscheidung fällt am Montagabend.