Kritik von Guido Modenbach:
"Facebook präsentiert sich als Fakebook"
Der TV-Vermarkter SevenOne Media attackiert frontal den Konkurrenten Facebook: Der kommuniziere "an der Grenze zur Scharlatarnerie" und führe Werbekunden in die Irre.
Der Streit zwischen TV-Vermarktern und Facebook spitzt sich zu. Die Geschäftsführer des ProSiebenSat.1-Vermarkters Sevenone Media, Guido Modenbach und Thomas Port, greifen in der aktuellen Ausgabe von W&V das Social-Media-Netzwerk frontal an. "Wie Facebook im Werbemarkt kommuniziert, ist an der Grenze zur Scharlatanerie", sagt Modenbach. Port schimpft: "Das ist Irreführung der Werbekunden. Es bewirkt eine Manipulation des Markts."
Der Konflikt ist zwar bekannt, die Schärfe der Attacke ist indes neu. Anlass für den Ärger ist die Studie "The Impact of Video Ads on Facebook". Dort vergleicht der US-Konzern die eigenen Bewegtbild-Anzeigen mit klassischer TV-Werbung. Facebook präsentiere sich dort als "Fakebook", sagt Modenbach. Die Studie wimmle nur so vor schwerwiegenden methodischen Fehlern. Im Kern geht es dabei um drei Hauptvorwürfe:
- Die gesamte Facebook-Studie basiere schon per se auf einem Etikettenschwindel. Das Unternehmen vergleiche nur vermeintlich die Wirkungsweise der eigenen Video-Ads mit TV-Werbung. Tatsächlich enthalten die Facebook-Werte auch Bannerwerbung.
- An mehreren Stellen leiste sich die Studie grobe Fehler bei Methodik und Berechnung. So ermittle Facebook etwa beim Return on Investment (ROI) einen Mittelwert aus fünf untersuchten Kampagnen unterschiedlicher Marken. Eine solche Aggregation von Daten sei aber völlig unzulässig. Auch der sogenannte Uplift – also der zusätzliche Verkaufsumsatz – sei schief und mathematisch falsch berechnet.
- Facebook rechne sich künstlich erfolgreicher, indem es unzulässige Vergleiche zwischen dem Massenmedium Fernsehen und dem Targetingmedium Facebook ziehe. Sowohl ROI als auch Abverkaufseffekte steigen nicht linear mit der Reichweite an. Genau das würde Facebook aber suggerieren.
Bei Facebook weist man die Vorwürfe mit ähnlicher Vehemenz zurück. "Offenbar fühlen sich die TV-Vermarkter von unserer Studie bedroht", sagt ein Unternehmenssprecher. "Sonst würden sie nicht alles tun, um diese Analyse im Markt zu diskreditieren." Die Meta-Analyse richte sich gar nicht gegen Fernsehen. Vielmehr plädiere sie für eine effizientere Kombination aus TV und Facebook-Werbung. "Die Kernaussage der Studie ist, dass auf derzeitigen Reichweitenlevels der Brutto-ROI von Facebook 4,4 Mal höher als der von TV ist", erklärt das Unternehmen auf W&V-Anfrage. "Wir haben darauf hingewiesen, dass Mediaplaner auf Basis dieser Zahlen eine bessere Balance zwischen Facebook und TV finden sollten und die Investitionen so lange anpassen sollten, bis die ROIs sich angeglichen haben".