Streitgespräch zur OWM-Tagung:
"Die Werbungtreibenden machen es sich zu einfach"
Was CMOs selbst gegen die Probleme im digitalen Werbemarkt tun könnten, diskutieren Digital-Experte Matthias Ehrlich und OWM-Chef Joachim Schütz.
Wenn einschlägige Branchenveranstaltungen ins Haus stehen – wie am kommenden Mittwoch die Jahrestagung der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) – erheben die Spitzenvertreter der werbungtreibenden Industrie gern einen rituellen Klagegesang.
Es geht um Klickbetrug, mangelnde Brand Safety für ihre Marken in den Tiefen des Internets und die große Intransparenz im digitalen Wild-West-Werbemarkt. Die Klage gipfelt im Refrain von der erdrückenden Macht der US-Plattformen im Werbemarkt und ihrer egoistischen Weigerung, den gemeinsamen Messtandards der Branche beizutreten.
Den Ball spielt Ex-BVDW-Präsident Matthias Ehrlich nun an die Marketeers zurück. "Die Werbungtreibenden machen es sich zu einfach", kritisiert der Digital-Unternehmer (Ehrlich Strategies) im Streitgespräch mit OWM-Geschäftsführer Joachim Schütz. Sie übten ihren Einfluss auf die Gestaltung der Wertschöpfungsstufen zwischen Vermarkter, Agentur und ihrem Unternehmen nur ungenügend aus.
"Retargeting ist ein hausgemachtes Problem"
Ehrlich wird deutlich: "Wenn ein Werbungtreibender beim Versuch, ein Schnäppchen zu machen, risikobehaftetes Inventar kauft und seine Agentur nicht davon abhält, sich in die No Go Areas des Internets zu begeben, dann darf er sich nicht wundern, wenn die billig dort einkauft, wo sie eigentlich nicht einkaufen sollte – einfach weil das gut für ihre Marge ist".
Auch das übertriebene Verfolgen der Nutzer mit Werbebannern (Retargeting) sei ein hausgemachtes Problem, das von großen Marken verursacht wurde. "Dass die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) heute so aussieht wie sie aussieht, daran hat auch die Industrie eine Teilschuld", sagt Ehrlich.
OWM wirbt für verträglichere digitale Werbeformate
Zur diesjährigen Jahrestagung hat sich die OWM vorgenommen, in Zeiten des datenbasierten Marketings mehr Augenmerk auf die Nutzer und ihre Ansprüche an gute Werbung zu lenken: "Statt Menschen mit Bannern zu verfolgen, müssen wir auch bei den digitalen Werbemaßnahmen die Menschen und ihre Wünsche in den Mittelpunkt stellen und über Formate und Platzierungen nachdenken, die akzeptiert werden," sagt Joachim Schütz. Nur dann könne Werbung funktionieren.
Ob mehr dahintersteckt als warme Worte, welche Rolle die OWM dabei einnimmt, und warum es auch an den Bremsern in den Reihen der Werbungtreibenden liegt, dass Facebook und Google immer noch nicht Teil eines gemeinsamen Mess-Standards sind, lesen Sie in der Titelgeschichte der aktuellen W&V 47/2018.
Wer nach Lösungen für sein datengetriebenes Werbegeschäft sucht, kann sie Ende November auf der Konferenz W&V Data Marketing Day II finden.