TV-Kritik:
"Die Höhle der Löwen": Vox liefert Vorlage für FDP-Spot
Zur Premiere der Vox-Gründer-Show "Die Höhle der Löwen" sind Kandidaten angetreten, die in jedem FDP-Wahlspot gut aufgehoben wären. Eine TV-Kritik.
Die FDP-Anhänger haben endlich ihr TV-Format: Die neue Vox-Gründer-Show "Die Höhle der Löwen" gibt Jungunternehmern, wie sie sich die wirtschaftsnahe Partei wünscht, eine Chance und bei überzeugendem Auftritt einen Investor zur Seite. Zur Premiere am Dienstag sind prompt Kandidaten zum Pitch angetreten, die in jedem FDP-Wahlspot gut aufgehoben wären: frisch von der Uni, mit Seitenscheitel, Anzug und BWL-Abschluss. Die taffe Jury aus den ernst zu nehmenden Unternehmern Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Wischhusen sowie Jochen Schweizer zeigte zum Auftakt der Vox-Show in den meisten Fällen viel Skepsis: Egal ob eine Wegfahrsperre namens Brümmi, ein mobiles Saunafass oder eine teure Creme auf Basis von Milch unter dem Label Qmilk – sie überzeugten die eisernen Fünf nicht.
Nur wenigen Kandidaten gelang es, die "Löwen" aus der Stuhlreihe auf ihre Seite zu ziehen. Unterstützt wurden mit 50.000 Euro und mehr eine heizbare Allergiker-Matratze, wirklich scharfe Würzsaucen aus Bremen ("Mexican Tears") oder auch iPad-Hüllen und Geldbörsen aus einem papierähnlichen und recycelten Kunststoffmaterial der Marke Crispy Wallet – allerdings zu den Konditionen der Jury-Mitglieder, die sich stets mehr Anteile an den Start-ups zusichern ließen.
Die Premiere von "Die Höhle der Löwen" stuft Vox mit 1,77 Millionen Zuschauern ab drei Jahren als klaren Erfolg ein – und meldet am Mittwoch einen starken Marktanteil von 8,2 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen, die die Mediengruppe RTL Deutschland für sich in Anspruch nimmt. 1,01 Millionen 14- bis 49-Jährige sorgen bei den Werberelevanten für einen deutlich überdurchschnittlichen Marktanteil von 9,5 Prozent. "Auch bei Twitter wurde die Gründer-Show heiß diskutiert – so landete der Sendungs-Hashtag #dhdl in den Top fünf der Deutschland-Trends", analysiert Vox. Die Sendung ist sieben Tage lang in der sendereigenen Mediathek zu finden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Zuschauer am Ball bleiben. Denn – etwas nüchtern ist die Show geraten. Vier todernste Unternehmer, die eher beim Schwestersender n-tv vermutet werden, und ein Charme-Feigenblatt in Person von HSE24-Ikone Judith Williams lassen "Die Höhle der Löwen" (gewollt?) ungemütlich erscheinen. Ehrliche Worte fallen, ungeschminkt, Gefühlsduselei kommt erst gar nicht auf. Das ist erfrischend und mutig. Doch ob Vox den deutschen Massengeschmack mit den "Löwen" treffen kann? Der FDP gelingt es nicht.
Der Show liegt das US-Format "Shark Tank" zugrunde, das beim Disney-Sender ABC bereits in der fünften Staffel mit Erfolg läuft. Doch im Gegensatz zu Deutschland herrscht in den Staaten ein sehr unternehmerfreundliches Klima, Erfolg wird beklatscht. Hierzulande werden erfolgreiche Manager eher mit Neidgefühlen beäugt – schon einmal zwang das Desinteresse des deutschen Zuschauers an Existenzgründern ein ähnliches Format in die Knie. Die frühere RTL-Reality-Show "Big Boss" mit Moderator und "Big Boss" Reiner Calmund aus dem Jahr 2004 wurde am Ende am späten Abend versendet.
Fazit: Vox gelingt mit der "Höhle der Löwen" ein neues und frisches Format, das kein Pendant im deutschen TV findet. Die "Löwen" alias Vural Öger, Judith Williams, Frank Thelen, Lencke Wischhusen und Jochen Schweizer erlauben einen realistischen Blick auf die knallharten Spielregeln in der freien Wirtschaft ("Du kannst doch nicht aus Mitleid investieren!"). So manchem jungen Zuschauer dürfte die Show Illusionen rauben. Negativ aufgefallen ist dagegen etwas ganz anderes: Werbung. Nach 21.45 Uhr sind im letzten Werbeblock Reklamefilme der Eventfirma des Jury-Mitglieds Jochen Schweizer zu sehen gewesen. Dabei liefert "Die Höhle der Löwen" den fünf Unternehmen schon eine ausreichend große Plattform für Werbung in eigener Sache.