TV-Kritik:
"Der Cop und der Snob": So kupfert Sat.1 bei sich selbst ab
Ein kerniger Ermittler, ein spießiger Kollege und auch sonst kommt einem ziemlich viel bekannt vor. Sat.1 übersetzt bei "Der Cop und der Snob" die Erfolgsreihe "Der letzte Bulle" ins Bayerische. W&V-Redakteurin und Oberbayerin Petra Schwegler hat sich die neue Sat.1-Hoffnung angesehen.
Sat.1 braucht dringend mehr Marktanteil, hat sich aber in den vergangenen Monaten mit Neustarts wiederholt die Finger verbrannt und geht nun Neuentwicklungen vorsichtig an. Anders ist nicht zu erklären, warum der ProSiebenSat.1-Sender einfach bei sich selbst abkupfert. Was unter "Der Cop und der Snob" montags um 20.15 Uhr als deutsche Serie bei Sat.1 einstartet, müsste eigentlich "Der letzte Bulle – Außenstelle München" heißen. Gut, eine ordentliche Prise "Monaco Franze" und jede Menge Lokalkolorit darf die neue Sat.1-Reihe schon ihr eigen nennen. Aber sonst....
Hier einige Dopplungen: Ein kerniger Ermittler – er heißt in München Gerry Waiblinger, gespielt von Johannes Zirner – bekommt einen spießigen Kompagnon. Der ist an der Isar natürlich ein "Preiß" und heißt Tristan von Rehnitz, seines Zeichens Graf. Beide berichten –wie die Essener Kollegen - an eine scharfe Chefin. Waiblinger nimmt es mit dem sauberen Ermitteln nicht ganz so ernst, fährt selbstverständlich einen alten BMW (Henning Baum muss im Ruhrpott freilich mit einem alten grünen Opel-Oldtimer vorlieb nehmen) und parkt ständig im Halteverbot vor der Polizeiwache. Wenn nicht Münchner Drohgebärden vorkommen würden ("Wenn des need passt, dann wead dees schwar mit dem Tisch auf da Wiesn dees Jahr..."), könnte der Plot durchaus auch in Essen beim "Letzten Bullen" platziert werden. "A Hund is er fei schoo" (so spricht man in Bayern respektvoll über ausgebuffte Schlitzohren) passt sowohl zu Mick Brisgau als auch zu Gerry Waiblinger.
Bis hin zur Koproduktion mit ORF1 und dem Sendeplatz montags um 20.15 Uhr gleichen sich die Sat.1-Serien. Der Unterschied wird aber beim Marktanteil deutlich: Quotenbringer Brisgau muss sich so schnell keine Sorgen machen, dass ihm Kollege Waiblinger den Rang ablaufen könnte. 880.000 Zuschauer im Alter zwischen 14 und 49 haben die Premiere verfolgt – macht gerade einmal 7,0 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. "Der letzte Bulle" fährt gut und gerne den doppelten Prozentwert ein. Die zweite Folge "Der Cop und der Snob" im Anschluss bringt es gar nur auf 6,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Aber wir erinnern uns: Auch "Der letzte Bulle" hat Jahre im Giftschrank von Sat.1 verbracht und erst im zweiten Anlauf seinen Kultstatus erreicht. Der Zuschauer muss sich vielleicht erst an die Schickeria in München gewöhnen, vier Folgen hat er noch Zeit – mal sehen, wie viel Zeit der Sender "Der Cop und der Snob" lässt.
Fazit: Gut abgekupfert ist immer noch besser als schlecht neu erfunden. Denn solide produziert hat die Münchner Constantin die Serie durchaus. Fans des Humors à la "Monaco Franze" oder "München 7" kommen ebenso wie - natürlich - die "Bullen"-Anhänger auf ihre Kosten. Wer schon immer mal einen Blick am taffen Türsteher vorbei in Münchens In-Kneipe P1 werfen wollte, sollte bei "Der Cop und der Snob" dabeibleiben. Gleich zum Auftakt hat Waiblinger den Treffpunkt der Münchner Bussi-Gesellschaft zum Stammlokal erklärt. Aber bitte, liebes Sat.1 – nach einem "Letzten Bullen" aus München muss Schluss sein! Er sollte keine weitere Außenstellen in Hamburg, Berlin, Frankfurt oder gar Stuttgart eröffnen!