"Wir nehmen Kritik an Bild immer ernst - jeder ist frei, zu entscheiden, ob er Bild lesen möchte. Ein Zeitungshändler hat, abgesehen von seiner persönlichen Meinung, aber eine wichtige Funktion: Mit seiner Auslage ermöglicht er seinen Kunden, die Medienvielfalt in Deutschland überhaupt in Anspruch nehmen und sich ihre eigene Meinung bilden zu können."

Dass Edeka Heymer mit dem "Bild"-Bann eine Vorauswahl für den Leser getroffen hat, akzeptieren Grossist und Springer ergo nicht. Von "Vertragsbruch" des Edeka-Händlers ist die Rede. Weiter heißt es beim Verlag, das Presse- und Meinungsfreit sei ein zentrales Gut in Deutschland. Und: "Das Grosso-Dispositions-System sorgt dafür, dass Menschen in Deutschland beim Zeitungs- und Zeitschriftenhändler genau diese Pressefreiheit durch ein vielfältiges Angebot an Medien erleben können." Die "Bild"-Mutter "bedauert deshalb ganz besonders, dass wir den Händler bislang davon nicht überzeugen konnten". Springer will nun "in jedem Fall weiterhin das Gespräch mit ihm suchen, um im Sinne der Leser eine Lösung zu finden".

Noch zeigt sich der Edeka-Händler standhaft und behält ganz oben auf seiner Facebook-Seite dieses Statement, aus dem im Text zitiert wurde:

Update: Gegenüber "kress.de" haben sich Verbände zum "Bild“-Bann bei Edeka Heymer geäußert – und warnen davor, dass der Einzelhandel „Pressezensur“ betreibe. Der Händler dürfe die „Bild“-Zeitung „mit spitzen Fingern anfassen, wenn er sie nicht mag. Verkaufen muss er sie aber trotzdem", sagt der Sprecher des Deutschen Journalistenverbands DJV, Hendrik Zörner, dem Dienst. Beim Zeitschriftenverleger-Verband VDZ heißt es gegenüber „kress.de“: "Wenn der Einzelhandel das Pressesortiment anhand politisch-inhaltlicher Kriterien bestimmt, stürzt ein Eckpfeiler der Pressevielfalt, die Neutralität und Diskriminierungsfreiheit des Pressegrossovertriebs in sich zusammen.“

Inzwischen liegt auch ein Statement vom Grossoverband vor. Er lehnt die Aktion des Händlers wortreich ab:

Presse ist unteilbar – Warum ein Händler bestimmte Presse­produkte nicht boykottieren darf

Im Handel mit Zeitungen und Zeitschriften disponiert nicht der Einzelhändler sondern der neutrale Pressegroßhändler das Sortiment. Dadurch soll gewährleistet werden, dass alle Titel in das Angebot gelangen können und nicht nur populäre bzw. umsatzstarke Printmarken. Doch mitunter lehnen Einzelhändler bestimmte Titel aus persönlichen oder sonstigen Gründen vehement ab. Wie zuletzt ein EDEKA-Händler in Thüringen, der sich weigerte, die Tageszeitung BILD in seinem Geschäft anzubieten. Der Mitteldeutsche Pressevertrieb stellte nach intensiven Gesprächen die Belieferung des Einzelhändlers insgesamt ein. Der Bundesverband Presse-Grosso erläutert – unabhängig vom Einzelfall – grund­­sätzlich warum Presse unteilbar ist:

Presse ist keine Ware wie jede andere. Eine freie Presse hat demokratische System­relevanz. Das Gebot der Pressefreiheit und Pressevielfalt findet nur dort eine Einschränkung, wo strafrechtliche Grenzen überschritten werden – etwa im Bereich des Jugendmedien­schutzes oder des Verfassungsschutzes. Der Pressehandel nimmt eine wichtige Funktion wahr. Er sorgt da­für, dass die Bürger vor Ort ungehinderten Zugang zu und freie Auswahl aus einem möglichst breiten Pressesortiment erhalten. Presseerzeugnisse müssen den freien Markt­zu­gang erhalten – unabhängig ihrer redaktionellen Ausrichtung und Marktstellung. Eine Zensur findet nicht statt. Der Pressegroßhandel stellt das Sortiment standortspezifisch mittels moderner Analysen und Prognosen anhand der jeweiligen Verkaufschancen  verkaufstäglich individuell neu zusammen. Nicht verkaufte Hefte können vom Einzelhandel gegen volle Gutschrift an den Pressegroßhandel zurückgegeben werden.

Der Pressegroßhandel pflegt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel. Wenn ein Einzelhändler die Belieferung mit bestimmten Presseprodukten konsequent ver­weigert, ist dies vertragsrechtlich und medienpolitisch problematisch und im Übrigen für den Händler selbst wirtschaftlich schädlich. In der Regel wird die Situation durch vertrauens­bildende Gespräche zwischen dem Pressegroß- und Einzelhändler im Vorfeld bereinigt. Dem Presse­großhändler  gelingt es grundsätzlich, an den Einzelhändler zu appellieren, seiner Ver­antwortung für ein ungeteiltes Pressesortiment nachzukommen.  Sollten die ver­trauens­vollen Gespräche im Einzelfall zu keinem Ergebnis führen, dann bleibt dem Presse­groß­händler letztlich nichts anderes übrig, als die Belieferung des boykottieren­den Einzelhändlers einzustellen. Dieser unpopuläre Schritt ist bedauerlich aber im Sinne der vielfaltssichernden Wirkungen des Pressevertriebssystems konsequent.  Denn das Gebot der Presse­vielfalt und der Erhalt gleicher Verkaufs­chancen für das gesamte Pressesortiment sind höher zu bewerten, als die Partikularinteressen des Händlers und der übrigen Presse­verlage, die nicht vom Boykott betroffen sind.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.