Online-Bezahlmodell:
"Bikinifoto der Kanzlerin" wäre was wert: Trendforscher Jánszky über "Bild plus"
"Bild" wird ab 11. Juni ein Rundum-Sorglos-Abo für Print und Digital anbieten. Trendforscher Sven Jánszky ist skeptisch gegenüber dem Bezahlmodell aus dem Hause Springer. Trotzdem findet er, es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
"Bild" wird ab 11. Juni ein Rundum-Sorglos-Abo für Print und Digital anbieten. Trendforscher Sven Jánszky von 2b Ahead Think Tank ist skeptisch: Das Bezahlmodell gehe an den Bedürfnissen der Leser vorbei. "Wenn es wirklich darum ginge, dem User zu vermitteln, dass er für besonders exklusive Inhalte bezahlen muss, dann würde das funktionieren. Ich bin sicher, dass es eine relevante Menge an Lesern gibt, die für ein Exklusivinterview mit Mark Zuckerberg oder ein Bikinifoto der Kanzlerin oder einen Bundesliga-Clip vor der Sportschau tatsächlich Geld ausgibt." Doch das sei nicht der Weg, den Springer einschlüge. Im Gegenteil: "Sie führen ein Abo-Modell ein, bei dem die Bundesliga-Clips drei Euro kosten. Diese Clips kann man aber nur kaufen, wenn man ein normales Abo von mindestens fünf Euro hat. Das ist intelligenter Dummenfang." Der Direktor des Leipziger Ideenbüros kommt zu dem Schluss, dass das Konzept, da es genauso funktioniere wie bereits existierenden Bezahlmodelle von Zeitungen, an den Bedürfnissen und dem Nutzungsverhalten der User vorbeigehe.
Trotzdem glaubt Trendforscher Jánszky, dass der Springer-Verlag mit dem Modell einen Teilerfolg erzielen wird: "Zumindest der unausgesprochene Plan, die gedruckte Auflage zu stabilisieren, wird wohl funktionieren." Zudem werde der Verlag die Kontaktdaten vieler Leser der Kioskausgaben und des Onlineangebots erhalten, verbunden mit Informationen über Themen und Inhalte, für die sie sich interessieren: "Diese Daten sind wertvoll und nutzbar gegenüber den Werbekunden und den eigenen Onlineangeboten."
Obwohl er das Modell nicht für "den großen Wurf und die Rettung der Zeitungslandschaft" hält, lobt Jánszky: "Was wir hier sehen, sind drei kleine Schritte, wovon zwei schon einmal in die richtige Richtung gehen. Gut, das einer sich dies traut. Alle anderen jammern ja nur." Seine Empfehlung: Die Verlage müssten online "nicht mehr Werbung, sondern eigene Services und Produkte verkaufen. Sie müssen das Internet nicht als zusätzlichen Vertriebskanal verstehen, sondern als Werkzeug, um das eigene Produkt adaptiv zu machen", erklärt Jánszky. Nach Auffassung des Trend-Experten sind der Axel-Springer-Verlag sowie Burda Vorreiter in der deutschen Verlagslandschaft, wenn es darum geht, das eigene Geschäftsmodell anzugreifen. Beide Verlage haben bereits frühzeitig auf die Warnsignale reagiert und machen nur noch ein Drittel ihres Geschäfts mit gedrucktem Papier (siehe auch unser Bericht zu den aktuellen Geschäftszahlen von Burda).
Ein "Bild"-Abo für alle digitalen Plattformen führt die Boulevardzeitung aus dem Springer-Verlag am 11. Juni unter dem Titel "Bild plus" ein. Wer die Zeitung gedruckt kauft, bekommt mit einem individuellen Tagespass Zugang zu den Online-Inhalten. Das Konzept verbindet Zeitung und die digitalen Ableger zu einem Abo-Angebot; damit einher geht ein Bezahlmodell für die journalistischen Online-Inhalte der "Bild"-Redaktion.