"Wir haben zunächst 600 Personen unter Laborbedingungen jeweils rund zwei Stunden darauf sitzen lassen", erklärte Wolf. "Anschließend wurden sie zu ihren Einschätzungen befragt. Alle drei Prototypen wurden dabei bereits deutlich besser bewertet als der Seriensitz."

Und danach wurden die Prototypen in zwei ICE-Zügen im Regelbetrieb von 5800 Bahnkunden getestet. "Ein Kritikpunkt waren zu harte Armlehnen", sagte Wolf. Sie sind nun weicher geworden - und in der ersten wie der zweiten Klasse aus echtem Leder. In der ersten Klasse ist die Sitzfläche auch größer geworden und drei Zentimeter länger als in der zweiten. Dafür lässt sich die Sitzfläche in der zweiten Klasse nun um zusätzliche drei Zentimeter nach vorne ziehen.

Auch in der zweiten Klasse ist das Rückenpolster weicher geworden, ebenso wie die Sitzfläche. Beim Bemühen um gutes Sitzen geht es erkennbar um Details. Auch für Karl-Peter Naumann: Gut findet er die Becherhalter, die es künftig in der ersten Klasse in allen ICE 3 und ICE 4 geben soll. Nicht gelungen ist aus seiner Sicht das Piktogramm für den Abfall, weil es nach seiner Einschätzung deutlich zu klein geraten ist.

Die Umrüstung ist ab März 2020 geplant. "Ende 2021 sollen alle ICE-3- und ICE-4-Züge die bequemeren Sitze haben", sagte Wolf. "Die Gesamtinvestition für die neuen Ausstattungen liegt bei 40 Millionen Euro."

Vorstandschef Richard Lutz versicherte, die Bahn wolle insgesamt innovativer, moderner und attraktiver werden. Das Unternehmen hat sich aber auch in anderer Hinsicht einiges vorgenommen, auch neben den großen Zielen von der Verdoppelung der Fahrgäste im Fernverkehr und dem kompletten Umstieg auf Ökostrom bis 2038.

"Wir werden die digitalen Dienste weiter ausbauen", kündigte Michael Peterson, Vorstandsvorsitzender der DB Fernverkehr, an. Dazu gehört beispielsweise eine App, mit der Fahrgäste künftig am Sitzplatz Essen und Getränke bestellen können, oder eine, die ihnen bei der Orientierung in den wichtigsten deutschen Umsteigebahnhöfen hilft. Bisher sind 72 Bahnhöfe erfasst, 200 sollen es werden.

Ebenfalls ein neues digitales Hilfsangebot ist die Störfallkarte, die schnelle Infos zu Betriebsstörungen während der Fahrt bieten soll. Neu, aber seit acht Wochen schon im Testbetrieb, ist außerdem ein Chatbot, der Fragen etwa zu Stornierungsmöglichkeiten beantwortet und derzeit bereits für 1400 Chats pro Tag genutzt wird.

Ein weiteres neues Projekt ist ein Zugportal für den Nahverkehr - analog zu dem Angebot, das es im ICE bereits gibt. Dabei sollen Bahnfahrer auf die Region zugeschnittene Informationen und Nachrichten online abrufen können.

Und neu ist auch die Stimme, die Bahnreisende bald öfter hören werden. Sie gehört Profisprecher Heiko Grauel, der 14.000 Sätze für die Bahn eingesprochen hat. Ein Text-to-Speech-System generiert daraus die Texte, die die Bahn für ihre Ansagen an Bahnhöfen benötigt. Ende des Jahres soll seine Stimme dort zum ersten Mal zu hören sein - flächendeckend erst in zwei bis drei Jahren.

Schon früher sollen Bahnkunden bei Verspätungen und Zugausfällen Geld ohne Papierformular zurück holen können. "Spätestens 2021 wird es möglich sein, Fahrgastrechte auch online bei uns geltend zu machen. Wir bereiten unser IT-System darauf vor", sagte Konzernchef Lutz der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag).

Im vergangenen Jahr hatten 2,7 Millionen Fahrgäste Entschädigungen beantragt. Bei mindestens einer Stunde Verspätung gibt es ein Viertel des Fahrpreises zurück, von zwei Stunden an die Hälfte. Der Konzernchef reagierte im Interview auf ein Ultimatum von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Der CSU-Politiker hatte bis zum 14. November Konzepte für Verbesserungen im Konzern verlangt, darunter auch gegen Zugausfälle und Verspätungen.

Andreas Heimann, dpa


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