Weniger Löwen schmälern den Wert eines Cannes-Gewinns allerdings nicht. So freuten sich diesmal viele auch über Bronze und Silber sowie über Einzelgold. Keine deutsche Agentur konnte mehrere goldene Löwen mit nach Hause nehmen. Vor allem in den zukunftsträchtigeren Kategorien wie Cyber, Mobile, Creative Data, Innovation oder Titanium hatten die Deutschen wenig zu melden.

Die ersten drei Plätze in der Länderwertung gehen an die USA, Großbritannien und Australien. Amerika auf Platz eins ist nicht neu, Großbritannien ist man auf den vorderen Plätzen ebenfalls gewohnt. Australien wurde in den vergangenen Jahren immer stärker. Auf Platz vier folgt in diesem Jahr Brasilien, vor Frankreich und Deutschland.

Im Medaillenspiegel der deutschen Löwengewinner liegt bei den Auftraggebern Volkswagen vorn - mit drei silbernen und fünf bronzenen Löwen. Dahinter folgen der Tagesspiegel und Terre des Femmes. Besieht man die Gesamttabelle, ergibt sich in diesem Jahr eine gesunde Mischung aus großen Markenartiklern und Non-Profit-Organisationen. Social-Kunden dominieren in diesem Jahr nicht.

Kunden-Medaillenspiegel der deutschen Löwengewinner

Kunden-Medaillenspiegel der deutschen Löwengewinner

Die meistdiskutierten Cannes-Themen waren nicht wirklich neu. Die Veranstalter folgen seit Jahren der Devise "höher, schneller, weiter", erhielten 2017 aber erstmals Gegenwind von prominenterer Stelle. Waren es in den Vorjahren einzelne Agenturen, die bei Kreativpreisen pausierten, ist es im kommenden Jahr mit Publicis eines der größten weltumspannenden Werbenetworks. Auch Martin Sorrell, Chef der größten Werbeholding WPP, äußerte Kritik am Festival, will aber bis jetzt keine Konsequenzen ziehen. Wie sich Cannes für die Zukunft aufstellen und die Gemüter beruhigen kann, soll ein Beratungsgremium klären, dem unter anderem Vertreter von Procter & Gamble und weiteren finanzkräftigen Werbungtreibenden angehören.

Ergebnisse dürften auf sich warten lassen, es ist aber davon auszugehen, dass das Festival wenigstens in der einen oder anderen Hinsicht umsteuern wird müssen. Größer, höher, weiter, teurer funktioniert bei den Cannes Lions perspektivisch nur mehr bedingt.

Das andere große Thema war Diversity - in jeder Hinsicht. Und das muss man den Veranstaltern lassen: Sie haben es verstanden, dieses in den Vorträgen und im offiziellen Rahmenprogramm professionell und gut durchzudeklinieren und für Denk- und Themenimpulse zu sorgen.  

Das Wichtigste in Cannes fand dieses Jahr jedoch außerhalb des Palais statt. Dort war die Stimmung bei den meisten Veranstaltungen bestens, manche reden sogar von einem legendären Cannes, trotz eines vollen Meeting- und Partyterminkalenders. Aus Deutschland waren mehr Kunden als üblich zu Besuch, die meisten aber ohne offiziellen Festivalpass. Die Wenigsten nahmen wahr, was im Palais außerhalb der Löwenvergabe passierte, insofern gingen auch die prominenten Redner und Hollywood-Besucher teilweise unter.

Mit dem Ende der Cannes Lions geht die diesjährige Festivalsaison in die zweite Halbzeit. Im Herbst folgen unter anderem die LIAs, der Epica Award und das Eurobest-Festival. Zunächst jedoch: Glückwunsch der W&V-Redaktion an alle deutschen Cannes-Gewinner. (ds/ph)

Über eine Woche lang berichtete W&V hier im Liveblog direkt vom Festival in Cannes.

Das ist der Überblick über die diesjährigen Cannes-Sonderpreise:

Agentur des Jahres: Clemenger BBDO, Melbourne

Beste inhabergeführte Agentur: Droga 5, New York

Preis für das Lebenswerk/Lion of St. Mark: David Droga, Gründer von Droga5

Network des Jahres: BBDO Worldwide

Werbe-Holding des Jahres: WPP

Creative Marketer of the Year: Burger King

Cannes Lions 2017: Medaillenspiegel Agenturen

Cannes Lions 2017: Medaillenspiegel Agenturen


Autor: Daniela Strasser

Redakteurin bei W&V. Interessiert sich für alles, was mit Marken, Agenturen, Kreation und deren Entwicklung zu tun hat. Außerdem schreibt sie für die Süddeutsche Zeitung. Neuerdings sorgt sie auch für Audioformate: In ihrem W&V-Podcast "Markenmenschen" spricht sie mit Marketingchefs und Media-Verantwortlichen über deren Karrieren.