Trumps Account, der einst mehr als 80 Millionen Follower bei Twitter hatte und mit seinen unberechenbaren Botschaften mitunter die halbe Welt in Aufruhr versetzte, wurde bei der Abonnentenzahl zunächst auf null zurückgesetzt. Kurz nach der Freischaltung folgte dem Profil "@realDonaldTrump" bereits wieder gut eine Million Twitter-Nutzer. Einige Stunden später waren es rund 83 Millionen. Unklar blieb, ob tatsächlich so viele Nutzer neu den "Follow"-Knopf gedrückt hatten - oder Twitter dem Account allmählich die alten Abonnenten zurückgab. Musk hatte jedenfalls zwischendurch geschrieben, Twitters Techniker arbeiteten genau daran.

Bei der Twitter-Kopie Truth Social brachte es Trump zuletzt auf rund 4,6 Millionen Abonnenten. Eine größere Plattform mit mehr Reichweite kann er mit Blick auf die Kandidatenkür der Republikaner für die nächste Präsidentenwahl gut gebrauchen. Denn zuletzt verlor der 76-Jährige, der die Partei lange dominiert und Kritiker an den Rand gedrängt hatte, in den eigenen Reihen an Einfluss.

Bei den Parlaments- und Gouverneurswahlen am 8. November lehnten die Wähler mehrere Kandidaten ab, die massiv von ihm unterstützt worden waren. Auch insgesamt blieb der von vielen Demoskopen erwartete überwältigende Triumph der Republikaner aus: Sie gewannen nur knapp die Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Demokraten konnten die Kontrolle über den Senat verteidigen.

Seitdem mehren sich die Stimmen auch prominenter Republikaner, die dazu aufrufen, die Ära Trump zu beenden, um wieder Anschluss bei moderateren Wählern jenseits des harten Kerns seiner Anhänger zu finden. Als ein aussichtsreicher Rivale, der Trump im Rennen um die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentenwahl 2024 gefährlich werden könnte, gilt etwa der frisch wiedergewählte Gouverneur von Florida, Ron DeSantis.
Just in diesem Moment gibt Musk, der seine Sympathie für die politischen Ansichten von Trumps Republikanern zuletzt offen kundtat, dem angeschlagenen Ex-Präsidenten den Twitter-Account zurück.

"Das Volk hat gesprochen", begründete der Tech-Milliardär seine Entscheidung nach Ablauf der Umfrage. Für Trumps Rückkehr sprach sich dabei eine knappe Mehrheit von 51,8 Prozent aus. Die Erhebung war allerdings nicht repräsentativ: An der von Musk auf 24 Stunden angesetzten Umfrage nahmen rund 15 Millionen Nutzer teil, während der Dienst nach jüngsten verfügbaren Angaben auf mehr als 230 Millionen täglich aktive Nutzer kommt.
Musk hat eigene Probleme, bei denen eine Rückkehr Trumps helfen könnte. Nach der 44 Milliarden Dollar schweren Twitter-Übernahme brachen die Anzeigenerlöse ein. Denn Unternehmen befürchten, dass die Werbung für ihre Marken angesichts der von Musk in Aussicht gestellten Redefreiheit neben anstößigen Tweets landen könnte. Die chaotisch verlaufene Einführung eines neuen Abo-Systems wurde nach dem Wirbel um täuschend echt aussehende Accounts von Marken und Prominenten gestoppt. Nun aber steigert allein die Kontroverse um die Wiederherstellung von Trumps Account die Aufmerksamkeit für Twitter. 

Trump nutzt Twitter im Wahlkampf

Trump hatte Twitter in seinem siegreichen Wahlkampf 2016 so intensiv genutzt wie kein Kandidat vor ihm. Und auch während der Zeit im Weißen Haus war die Plattform sein zentraler Kommunikationskanal. Trump regierte, förderte Günstlinge und schasste in Ungnade gefallene Kabinettsmitglieder per Twitter: Legendär ist, dass etwa sein Außenminister Rex Tillerson aus einem Tweet des Präsidenten von seiner Entlassung erfuhr.
Damit war nach dem Sturm seiner Anhänger auf den Sitz des US-Parlaments am 6. Januar 2021 Schluss. Im Kapitol sollte an jenem Tag der Wahlsieg von Joe Biden offiziell besiegelt werden. Trump hatte bei seinen Anhängern falsche Hoffnungen genährt, dass Vizepräsident Mike Pence im Kongress die Bestätigung des Wahlergebnisses verweigern könnte. Noch während des Angriffs twitterte Trump, dass Pence nicht den Mut gehabt habe, das Richtige zu tun. Danach riefen Leute in der Menge: "Hängt Mike Pence!" 

Dieser Tweet mit der Spitze gegen Pence - und mehrere andere, die für Trump problematisch werden könnten - fehlen nun auf dem reaktivierten Profil. Trumps widerlegte Behauptungen über eine gestohlene Wahl sind weiterhin mit Warnhinweisen versehen.

Bis zur Übernahme durch Musk hatten Twitter-Manager stets gesagt, dass kein Weg zur Rückkehr des Ex-Präsidenten vorgesehen sei. Musk hatte dagegen schon vor Monaten betont, dass es bei dem Dienst aus seiner Sicht keine lebenslangen Sperren geben sollte. Er erwähnte dabei ausdrücklich auch Trump als Beispiel.
Vor drei Wochen kündigte Musk dann zwar an, dass vor der Wiederherstellung bedeutender Accounts ein Rat zum Umgang mit kontroversen Inhalten gebildet werden solle. Doch nun ging es auch ohne ein solches Gremium.

Trump wollte keine Rückkehr

Trump selbst hatte wiederholt gesagt, er wolle gar nicht zu Twitter zurückkehren. Ihm gefalle es bei Truth Social viel besser. Und auch am Samstag empfahl er seinen Anhängern kurz vor Ablauf der Umfrage zwar noch die Teilnahme daran, schrieb aber dazu: "Wir gehen nirgendwo hin. Truth Social ist besonders!" 

Nach der Wiederherstellung des Accounts äußerte sich Trump zunächst nicht über sein weiteres Vorgehen. Nun ist es allerdings auch so, dass er sich in Papieren zum Börsengang seiner Mediengruppe verpflichtete, den Großteil seiner Social-Media-Kommunikation zunächst über Truth Social zu führen, mit einem Exklusiv-Zeitraum von sechs Stunden.

Facebook, wo Trump ebenfalls seit Januar 2021 gesperrt ist, will im kommenden Januar entscheiden, ob dem Ex-Präsidenten die Rückkehr angeboten werden könnte. (Andrej Sokolow dpa/st)

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